Tourismus: Wirtschaft!

Markus Luthe / 06.01 2022

icon min Lesezeit

icon 0 Kommentare

Zurück

Blogpost von Markus Luthe zur Wirtschaftspolitik

Verbändehaus „Handel · Dienstleistung · Tourismus“, Weidendammer Brücke in Berlin-Mitte; © M. Luthe

Jetzt ist es auch amtlich: Der Tourismus in Deutschland spielt eine enorme Rolle für Wirtschaft und Umwelt in Deutschland. Die Branche erwirtschaftete vor der Corona-Krise 4 % der Wertschöpfung und stellte 6,1 % der Erwerbstätigen. Sie emittierte 2,6 % der Treibhausgase.

Das Statistische Bundesamt hat diese Daten zur volkswirtschaftlichen Bedeutung und zur Nachhaltigkeit der Tourismuswirtschaft (Kurzfassung / Langfassung) veröffentlicht. Der Berichtszeitraum erstreckt sich auf die letzten vier Jahre vor der Corona-Pandemie und erweitert Vorgängerstudien des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) und der Gesellschaft für wirtschaftliche Strukturforschung (gws). Grundlagen der Berechnungen sind sogenannte TSA-Tabellen (TSA = Tourism Satellite Accounts), mit denen der Tourismus im System der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR) und der Umweltökonomischen Gesamtrechnung (UGR) besser „sichtbar“ gemacht und eingeordnet werden können.

Die wichtigsten Ergebnisse:

  • Die gesamte Verwendung touristischer Waren und Dienstleistungen belief sich im Jahr 2019 auf 356,7 Mrd. EUR, von denen 65,5 % auf Konsumausgaben der privaten Haushalte im Inland entfielen.
     
  • Der Anteil der touristisch bedingten Bruttowertschöpfung an der gesamtwirtschaftlichen Bruttowertschöpfung lag 2019 stabil bei 3,99 % (2015 bei 4,06 %).
     
  • Der Anteil der Erwerbstätigen mit Tourismusbezug lag 2019 mit 6,1 % (2,8 Mio.) über dem entsprechenden Anteil der touristischen Bruttowertschöpfung.
     
  • Rechnet man zu den direkt an der Produktion arbeitenden 2,8 Mio. Personen noch die 1,3 Mio. Personen hinzu, die Vorleistungen für die Erzeugung touristischer Waren und Dienstleistungen herstellen, so sind mit rund 4,1 Mio. Personen in 2019 etwa 9 % aller Erwerbstätigen in Deutschland für die Erzeugung touristisch relevanter Waren und Dienstleistungen tätig.
     
  • Der Staat erhielt im Jahr 2019 über laufende Steuern Einnahmen mit möglichem Tourismusbezug in einer Höhe von 49,5 Mrd. EUR, was 3,1 % seiner Gesamteinnahmen und 6 % seiner laufenden Steuereinnahmen entspricht.
     
  • Im selben Jahr 2019 gab der deutsche Staat übrigens touristisch bedingt 15,9 Mrd. EUR aus.
     
  • Ausländische Touristen gaben in Deutschland im Jahr 2019 für Privat- (56 %) und für Geschäftsreisen (44 %) 46,9 Mrd. EUR aus. Davon entfielen 13,6 Mrd. EUR auf Beherbergungs- und 10,8 Mrd. EUR auf Gaststättenleistungen.
     
  • Inländische Touristen gaben in Deutschland im Jahr 2019 für Privat- (86,3 %) und für Geschäftsreisen (13,7 %) ca. 247 Mrd. EUR aus.
     
  • Insgesamt gaben Aus- und Inländer in Deutschland im Jahr 2019 54,4 Mrd. EUR für Beherbergungs- und 57,3 Mrd. EUR für Gaststättendienstleistungen aus (touristischer Inlandskonsum).

Diese Zahlen weisen die enorme Wirtschaftskraft und die Bedeutung der Tourismuswirtschaft in Deutschland als einer der größten Arbeitgeber überhaupt aus. Vergleicht man den direkten Beitrag der Tourismuswirtschaft von rund 4,0 % zur Bruttowertschöpfung mit anderen Branchen, wie z.B. dem Maschinenbau (ca. 3,5 %) oder dem Einzelhandel (ca. 3,3 %), wird seine volkswirtschaftliche Bedeutung noch greifbarer. Auch bei der Beschäftigung liegt die Tourismuswirtschaft mit 6,1 Prozent der Gesamtbeschäftigung auf Augenhöhe etwa mit dem Einzelhandel (ca. 7,5 %), dem Gesundheitswesen (ca. 7,2 %), dem Baugewerbe oder Erziehung und Unterricht (beide ca. 5,6 %).

Auch in der Umweltökonomischen Gesamtrechnung punktet die deutsche Tourismuswirtschaft - hier mit durchweg niedrigen Vergleichswerten zur Gesamtwirtschaft:

  • Für tourismusbezogene Produkte werden rund 3,3 % des deutschen Energieverbrauchs aufgewendet.
     
  • Der Ausstoß von Treibhausgasen für die Herstellung von Waren und Dienstleistungen mit Tourismusbezug entspricht etwa 2,6 % der inländischen Treibhausgasemissionen.
     
  • Die Treibhausgasemissionen mit Tourismusbezug sind von 27,3 Mio. t CO2-Äquivalente im Jahr 2015 auf 24,6 Mio. t im Jahr 2019 gesunken (-9,9 %).
     
  • Die Ausgaben der Unternehmen im Tourismussektor für marktbestimmte Umweltschutzleistungen stiegen zwischen 2015 und 2018 um etwa 20 % auf rund 1,9 Mrd. EUR

Die Veröffentlichung dieser beeindruckenden Daten der Volkswirtschaftlichen und der Umweltökonomischen Gesamtrechnung durch das Statistische Bundesamt dürfte eine hervorragende Grundlage für die Neuausrichtung und Koordinierung der beim Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz angesiedelten Tourismuspolitik bieten. Wir werden die Belange der Hotellerie in Deutschland jedenfalls konstruktiv einbringen!

Blog Abo

Sie möchten regelmässig informiert werden, wenn ein neuer Blog online ist? Dann melden Sie sich einfach zu unserem Blog-Abo an.

wird benötigt

Ihre Daten werden selbstverständlich nicht an Dritte weitergegeben und nicht zu Werbezwecken verwendet. Nähere Informationen finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.


0 Kommentare
Geschrieben von
Markus Luthe
Dipl.-Volkswirt / Hauptgeschäftsführer
Hotelverband Deutschland (IHA)

office@hotellerie.de
Sei der erste der kommentiert

Kommentar hinzufügen

×
Name ist erforderlich!
Geben Sie einen gültigen Namen ein
Gültige E-Mail ist erforderlich!
Gib eine gültige E-Mail Adresse ein
Kommentar ist erforderlich!

* Diese Felder sind erforderlich.

Weitere
19.01.2024 von Markus Luthe
Gesslerhut digital

Wäre diese Meldung am 1. April veröffentlicht worden, hätte ich sie direkt in meine jährliche April Fools Top Ten aufgenommen: Deutschland zweitgrößte Mehrzweckhalle an der Berliner East Side Gallery, die Heimat der Eisbären und der Albatrosse, wird schon bald nicht mehr „Mercedes-Benz Arena“, sondern „Uber Arena“ heißen. Der Platz vor der Arena wird von „Mercedes Platz“ auf „Uber Platz“ umgetauft und die angrenzende „Verti-Music Hall“ wird zur „Uber-Eats-Music-Hall". So einen Fast-Speed-Happen muss man erstmal verdauen…

01.01.2024 von Markus Luthe
Ausblick

Jahresanfang – Zeit für einen Ausblick auf das, was das neue Jahr mit sich bringt. Vor 12 Monaten habe ich an dieser Stelle erstmals auf künstliche Intelligenz gesetzt und meinen Blogpost "Annus horribilis" ChatGPT anvertraut. Nun, rückblickend betrachtet hat sicher nicht nur die KI noch Luft nach oben… Was wird in diesem Jahr wichtig werden? Auch wenn es nahe liegen könnte, nun den Neujahrsbogen vom Mehrwertsteuerschock über die Fußball-EM bis zum andauernden Krieg in unserer Nachbarschaft zu spannen, möchte ich die Aufmerksamkeit auf ein anderes Ereignis lenken, dass für unsere gesellschaftliche, wirtschaftliche und damit auch touristische Zukunft von enorm unterschätzter Bedeutung sein wird: Die Europawahlen am 9. Juni 2024!

07.11.2023 von Markus Luthe
Löchrig

Wann haben Sie eigentlich zum ersten Mal entdeckt, ob Ihr Handy 5G-tauglich ist? Bei mir war es vor ein paar Jahren bei einem Besuch in Estland, als zum ersten Mal „5G“ auf meinem Handy-Display aufleuchtete. Hier in Deutschland hatte ich erst letztes Jahr Premiere. Immerhin ist so jetzt wenigstens auch das Mobilfunkloch in meinem Büro im Berliner Verbändehaus in 400 Meter Entfernung vom Reichstag gestopft worden: Ich bin jetzt mit 2 von 5 Feldstärke-Balken im 5G-Zeitalter angekommen… Yeah?