Markus Luthe / 16.04 2025

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Blogpost von Markus Luthe zur Nutzung der UHF-Kulturfrequenzen

@ ClipDealer

Es ist zugegebenermaßen ein nur mäßig beschallter Nebenschauplatz. Aber weil auch der schnell prohibitiv teuer werden kann, kümmern wir uns im Hotelverband gerade intensiv mit der zukünftigen Vergabe von Frequenzen aus dem sogenannten Ultrahochfrequenz-Band (UHF). Das Thema mag weder für die breite Öffentlichkeit noch für Hospitality Professionals eine Herzensangelegenheit sein, doch es illustriert ganz gut unser Verständnis von Verbandsarbeit für die Branche. Und deshalb schalte ich hier mal „den Ton an“.

In deutschen Hotels finden jeden Tag Tausende von Veranstaltungen statt, bei denen Funkmikrofone benutzt werden. Sie kommen bei Hochzeitsfeiern über Firmenveranstaltungen bis zu Ärztekongressen mit tausenden Teilnehmern zum Einsatz. Für diese Nutzungen werden Funkfrequenzen in der Regel aus dem Bereich zwischen 470 und 694 MHz (UHF-Band) benötigt. Hier funken Kultur und Veranstaltungswirtschaft und in jahrzehntelanger erprobter Koexistenz der Rundfunk zur Übertragung des terrestrischen Fernsehens (DVB-T).

Für die Nutzung dieses UHF-Bandes gibt es allerdings rivalisierende, sich gegenseitig ausschließende Begehrlichkeiten durch andere Nutzergruppen, wie den Mobilfunk und neuerdings auch Sicherheitsdienste und Militär. Als Konsequenz daraus könnten in Hotels bisher problemlos stattfindende Veranstaltungen zukünftig qualitativ empfindlich gestört werden und/oder die Kosten in die Höhe schnellen. Manche Events unter freiem Himmel könnten mitunter gar nicht mehr stattfinden.

Die Kultur-, Kreativ- und Veranstaltungswirtschaft hat seit dem Jahr 2010 bereits große Teile ihres Frequenzspektrums an den Mobilfunk (LTE, 5G) abgeben müssen. Für die Veranstaltungswirtschaft ist daher der Erhalt der verbliebenen Funkfrequenzen im Bereich zwischen 470 und 694 MHz essentiell, um den Betrieb von Funkmikrofonen und In-Ear-Systemen weiter zu gewährleisten.

Eine „Allianz für Rundfunk- und Kulturfrequenzen“ (ARK) hat sich bereits gebildet, die Interessenvertreter aus Rundfunk, Kultur und Industrie vereint und sich für die langfristige Sicherung der Nutzung des UHF-Frequenzbandes für Rundfunk und Funkmikrofone einsetzt.

Mit einer (nicht repräsentativen) Umfrage haben wir uns daher in den vergangenen Wochen einen Überblick darüber verschafft, in welchem Umfang insbesondere Tagungshotels in Deutschland auf die Nutzung dieser „Kulturfrequenzen“ im UHF-Spektrum (470 – 694 MHz) für ihre Tagungs- und Veranstaltungsorganisation angewiesen sind. 72 Prozent der antwortenden Hotels gaben an, eigenes Tonequipment zu nutzen. Allerdings konnten 86 Prozent nicht beantworten, welche Frequenzbänder hauptsächlich für die Tontechnik in ihrem Haus benutzt werden. Da ist also ein größeres Problem für die Branche derzeit nur im „Mute-Modus“.

Die Frequenzvergabe wird auf der von der Internationalen Fernmeldeunion (ITU) organisierten World Radio Conference 2031 neu geregelt. Die Stimme der deutschen Bundesregierung wird hier deutlich vernommen werden und die Vorbereitungen zur Positionierung laufen bereits. Ein „Bund-Länder-Lenkungskreis UHF“ hat laut Auskunft des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) vom 13. März 2025 eine Technische Arbeitsgruppe (TAG) eingesetzt, die die Frequenzbedarfe der bisherigen Sekundärnutzer des UHF-Bandes – also auch der Veranstaltungstechnik der Hotellerie, hier in der Regel als PMSE (Programme Making and Special Events) bezeichnet – in ihrer konzeptionellen Arbeit „berücksichtigen“ soll.

Dieser TAG gehören insgesamt 8 Expert*innen aus folgenden Bereichen an:

  • Bundesministerium des Innern und für Heimat

  • Bundesministerium der Verteidigung

  • Bundesministerium für Digitales und Verkehr

  • Beauftragter der Bundesregierung für Kultur und Medien

  • Bundesnetzagentur

  • Teilnehmer aus dem Bereich der Länder aus der Rundfunkkommission und der Innenministerkonferenz 

Ich zitiere des BMDV: „Ziel der Bund-Länder-Zusammenarbeit ist die Erarbeitung einer Konzeption, um die zukünftige Deckung der Frequenzbedarfe von Rundfunk, Militär und Sicherheitsbehörden, sowie die Bedarfe der Sekundärnutzer PMSE, Radioastronomie und Meteorologie im UHF-Band langfristig sicherzustellen.“ „Militär und Sicherheitsbehörden“ sind dem Aufgabenspektrum neu hinzugefügt worden.

In der TAG wird ausdrücklich kein Vertreter der PMSE mitarbeiten und genau deshalb sind wir besonders wachsam und können uns nicht auf zukünftige Beratungsergebnisse der ITU für Europa, Afrika und Mittlerer Osten (ja, Länder aus drei Kontinenten sind in ihren Interessen zu einen) im Jahr 2031 verlassen. 

Im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD finden sich an gleich drei Stellen Aussagen zur zukünftigen Nutzung der „Kulturfrequenzen“ (UHF-Band):

  • „Bei der Vergabe der UHF-Frequenzen setzen wir uns auf europäischer Ebene für eine Berücksichtigung aller berechtigten Interessen ein.“ (Zeile 2222 f.)

  • „Der Digitalfunk BOS (Anm.: Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben, wie z.B. Polizei, Feuerwehr oder Rettungsdienste) erhält eine bessere Finanzierung und einen eigenen UHF-Frequenzbereich.“ (Zeile 2703).

  • „Die terrestrische Rundfunkverbreitung schützen wir als kritische Infrastruktur. Das UHF-Band steht auch Medien und Kultur zur Verfügung, die Abwägung mit Sicherheitsbedarfen wird derzeit evaluiert.“ (Zeile 3923 ff.)

Der Koalitionsvertrag trifft also noch keine verbindliche Aussage zur zukünftigen Nutzung der sogenannten Kulturfrequenzen, bleibt diesbezüglich im Vagen. Deshalb haben wir auch auf diesem Nebenschauplatz weiterhin „ein Ohr auf der Polit-Schiene“. Einen finalen „Mic Drop“ für die Tagungshotellerie gilt es zu verhindern!

 


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Geschrieben von
Markus Luthe
Dipl.-Volkswirt / Hauptgeschäftsführer
Hotelverband Deutschland (IHA)

luthe@hotellerie.de
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