Aufgrund einer Vereinbarung der europäischen Statistikbehörde Eurostat mit Airbnb, Booking und Expedia (bis Ende 2024 auch Tripadvisor) schließt sich langsam die Informationslücke über Kurzzeitvermietungen von Ferienhäusern, Wohnungen und Zimmer in ansonsten privaten Gebäuden. Diese Daten werden von bestehenden Tourismusregistern nicht erfasst. Für den Zeitraum ab 2021 stehen nun europaweit die Übernachtungsdaten zur Verfügung und sie belegen: Kurzzeitvermietung (Short-Term Rental, STR) über Online-Vermittlungsplattformen boomt. Die entsprechende Grafik von Eurostat findet sich hier verlinkt.
In Deutschland wurden laut amtlicher Statistik im Jahr 2024 insgesamt 449,4 Millionen Übernachtungen in Beherbergungsbetrieben mit 10 und mehr Betten (inkl. Camping / ohne Vorsorge- und Reha-Kliniken) gezählt. Im gleichen Zeitraum wurden von Airbnb, Booking, Expedia und Tripadvisor 60,4 Millionen Übernachtungen in Kurzzeit-Unterkünften gemeldet. Damit machen diese private Kurzzeitvermietungen mindestens 12% aller Übernachtungen in Deutschland aus. Im Jahr 2023 lag der Anteil noch bei 10%.
Resultieren diese beeindruckenden Wachstumsraten allein aus der Marktentwicklung oder steckt hier vielleicht auch eine „Sonderkonjunktur“ aufgrund abrupt auftretender steuerlicher „Sonderfaktoren“ dahinter?
Diese Vermutung liegt jedenfalls nach Lektüre der Antworten der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion Die Linke (Drucksache 21/1075) zum „Steuervollzug und Auswirkungen der Vermietung von Ferienwohnungen über Plattformen wie Airbnb“ auf der Hand. Hintergrund der Anfrage ist das in Umsetzung der europäischen DAC7-Richtlinie (Richtlinie (EU) 2021/514) erlassene Plattformen-Steuertransparenzgesetz(PStTG), das Online-Portale seit Dezember 2022 verpflichtet, Daten über die Einkünfte von Betreibern auf ihrer Plattform an das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) zu melden.
Laut Bundesregierung bewegen sich die gemeldeten Steuerdaten für die Kategorie „zeitlich begrenzte Überlassung von Nutzungen an unbeweglichem Vermögen“, worunter auch Ferienwohnungen fallen, inzwischen in sechsstelliger Höhe – und weiter nach oben. Für das Jahr 2023 wurden 131.386 Datensätze gemeldet, für 2024 bisher schon 157.336.
Das war es dann aber auch an zusätzlicher Transparenz für die Öffentlichkeit. Eine Aufschlüsselung der Datensätze nach Ländern sei derzeit noch nicht möglich und eine Weiterleitung an ebendiese erst ab dem dritten Quartal 2025 vorgesehen. Die final nötigen Schnittstellen zwischen dem BZSt und den Landesfinanzbehörden seien noch nicht geschaffen. Der Bundesregierung sei es aus rechtlichen Gründen auch nicht gestattet, den Steuerverwaltungen der Länder technische Unterstützung zur automatisierten Auswertung übermittelter „Plattform-Daten“ zur Verfügung zu stellen.
Und überhaupt sei eine Nutzung der Daten zur Bekämpfung illegaler Wohnraum-Zweckentfremdungen im nationalen Recht aufgrund des Steuergeheimnisses von vornherein ausgeschlossen. Wenigstens sollen die Daten den Landesfinanzbehörden auch für die Erhebung von CityTaxes, Kurtaxen, Übernachtungssteuern etc. zur Verfügung stehen…
Im Klartext: Der Bundesregierung liegen auch aus dem PStTG keine Informationen über die Anzahl von Ferienwohnungen in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt vor, sie hat keine eigenen Erkenntnisse über den Zusammenhang von Mietentwicklung und Ferienwohnungsdichte und kann auch keine Auskunft zu sozialen Folgekosten geben. Forschungsaufträge hierzu sind weder in Auftrag gegeben noch in Planung. Die letzte Untersuchung der Bundesregierung ist das Gutachten „Sharing Economy im Wirtschaftsraum Deutschland“ aus dem Jahr 2018. Bleibt allein die Hoffnung auf Erkenntnisfortschritte aus der Umsetzung der EU-Kurzzeitvermietungs-Verordnung (STR-Regulation) durch das noch im parlamentarischen Verfahren befindliche Kurzzeitvermietung-Datenaustausch-Gesetz (KVDG), nach dem bis Mai 2026 bei der Bundesnetzagentur eine digitale Plattform mit den Buchungsdaten von Kurzzeitvermietungen aufgebaut werden soll.
Deutschland steht sich bei Datenerhebung und Datennutzung also föderal mal wieder selbst im Weg. Andere Länder gehen konsequenter gegen steuerliche Grauzonen der Kurzzeitvermietung vor: So müssen Vermietungsplattformen in Italien seit 2017 eine Pauschalsteuer in Höhe von 21% als Quellensteuer auf die Mieteinnahmen an den Fiskus abführen und weil Airbnb das nicht hinreichend umgesetzt haben soll, hat im November 2023 eine Richterin 780 Millionen Euro bei Airbnb beschlagnahmen lassen. Medieninformationen zufolge habe das die Verständigungsbereitschaft so nachhaltig gefördert, dass sich Airbnb nur einen Monat später mit den italienischen Behörden auf eine Zahlung von 567 Millionen Euro geeinigt habe.
Dabei hatte auch Deutschland - genauer gesagt die Finanzbehörden in Hamburg - mit einem ebenso forschen wie lukrativen Aufschlag zum Umgang mit vermuteten Steuerverkürzern unter den Airbnb-Hosts aufgewartet. Als Airbnb unter Berufung auf den Datenschutz einer Sondereinheit des Finanzamts Hamburg die Herausgabe von Nutzerdaten für die Jahre 2012-2014 verweigerte, verklagte die Freie und Hansestadt Hamburg mit Unterstützung des Bonner BZSt das Vermittlungsportal am europäischen Firmensitz in Dublin auf Datenübermittlung – und setzte sich mit ihrer Rechtsauffassung durch. Im September 2020 erhielt die Steuerverwaltung die Daten aus Irland übermittelt und seit 2021 bringen sich die lokalen Finanzämter bei den gastaktiven, aber nachlässigen Steuerpflichtigen in Erinnerung.
Meiner Kenntnis nach wurde aber eine Gesamtzahl der zusätzlich generierten Steuereinnahmen für Deutschland nie veröffentlicht und mir ist auch nicht bekannt, ob der Datenfluss aus Irland ein einmaliger oder seitdem steter Kenntnisstrom des Fiskus ist, der die Steuereinnahmen hierzulande sprudeln lässt?
Die von der Tagesschau kolportierte Zahl von 4 Millionen Euro Steuernachzahlungen für die Jahre 2020-2021 bundesweit erscheint mir jedenfalls Größenordnungen zu niedrig taxiert zu sein. So hatte u.a. die Süddeutsche Zeitung schon von wesentlich höheren Beträgen berichtet, die die SES-Sondereinheit beim Finanzamt Karlsruhe-Durlach allein 2021 ermittelt und an die örtlich zuständigen Finanzämter weitergegeben habe: „Bislang seien insgesamt 20.641 Kontrollmitteilungen versandt und ein steuerliches Mehrergebnis von über 69 Millionen Euro erzielt worden.“
Kennt jemand jemanden, der die Daten kennt?
August 26 2025 9:38 am von Markus Luthe / Hotelverband Deutschland (IHA)
Lesenswerter Artikel zum Thema in der aktuellen Ausgabe von brand eins: "Euer Urlaub, mein Elend"
--> https://www.brandeins.de/magazine/brand-eins-wirtschaftsmagazin/2025/das-geschaeft-mit-dem-urlaub/airbnb-euer-urlaub-mein-elend
Zitat: „Neben den registrierten Anbietern operieren aber auch in Berlin viele Illegale. Der »Tagesspiegel« schätzt die Dunkelziffer auf 30.000 Wohnungen, fast doppelt so viele wie in Berlin im vergangenen Jahr neu gebaut wurden. „Mit der Couchsurfing-Idee, mit der Airbnb mal angefangen hat, hat niemand ein Problem“, sagt Martin Pallgen, Sprecher der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen. „Unser Problem ist die gewerbsmäßige Vermarktung von Wohnungen als Ferienwohnungen.“
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