Ränking
Blogpost von Markus Luthe zur Onloine-Distribution
Endlich! Endlich nehmen sich die Kartellbehörden in Europa der Ränkespiele der Online-Portale beim Ranking der Suchergebnisse an. Das Thema ist eigentlich hinlänglich bekannt und wird von uns seit Jahren adressiert: Online-Buchungsportale nutzen ihre Marktmacht, um einerseits aus den aufmerksamkeitsstarken Plätzen an der Sonne Zusatzeinnahmen heraus zu schlagen und andererseits bei der Preispolitik unbotmäßige Hoteliers mit hinteren Listenplätzen abzustrafen. Neben den Hoteliers haben auch die Verbraucher das Nachsehen, denn für diese sind die Ranking-Kriterien erst recht völlig intransparent und deren Nachfrageverhalten wird unsichtbar manipuliert.
Schon 2013 zog der Hotelverband über die Wettbewerbszentrale erfolgreich gegen Booking.com vor das , das dem Buchungsportal untersagte, Hotels standardmäßig in einer Rubrik namens „Beliebtheit“ zu listen, wenn für Hotels die Möglichkeit besteht, sich eine bessere Platzierung zu erkaufen. Solche „Ranking-Booster“ werden allerdings auch heute noch von allen großen Buchungsportalen angeboten, ohne dass dies für den durchschnittlich informierten Verbraucher erkennbar oder gar nachvollziehbar wäre.
Ähnliches gilt ob seiner mehr als begrenzten Aussagekraft beispielsweise auch für den nach oben gerichteten Daumen, den Hotels bei Booking.com für mindestens drei Prozentpunkte Zusatzprovision erwerben können. Und wenn ein Hotel aus diesem Daumenkino der besonderen Art aussteigt, findet es sich schnell einmal 300 Plätze weiter hinten im Städteranking platziert wieder. Auch der „Dimming-Regler“ wird gerne mal wenig partnerschaftlich einfach nach unten gepegelt und die Sichtbarkeit reduziert, wenn der „liebe Hotelpartner“ darauf beharrt, Herr seiner Preispolitik bleiben zu wollen.
Und über die Psychospielchen, mit denen die Portale im Such- und Entscheidungsprozess ebenso aufdringlich wie peinlich Entscheidungsdruck auf den Verbraucher ausüben, könnte man ja eigentlich nur kopfschüttelnd schmunzeln – wenn, ja wenn es nicht offensichtlich so erfolgreich wirken würde.
Vor gut drei Wochen habe ich für unseren europäischen Dachverband HOTREC in Brüssel federführenden Abgeordneten des Europäischen Parlaments und Vertretern der zuständigen Generaldirektionen der Europäischen Kommission in Anwesenheit von Vertretern der Verbraucherschutzverbände und der Buchungsportale die Positionen der europäischen Hotellerie zum Digitalen Binnenmarkt präsentieren dürfen. Darunter finden sich Forderungen zu faireren Praktiken von Online-Plattformen und auch unser Vorschlag der verpflichtenden Ernennung von Algorithmen-Beauftragten, damit Licht in das Dunkel der Ranking-Kriterien kommt und – vermeintlich – künstliche Intelligenz nicht zur allseits beliebten und unangreifbaren Standardausrede werden kann. Die Europäische Kommission hat signalisiert, Anfang nächsten Jahres Vorschläge für eine sachgerechte Regulierung vorzulegen.
Nun haben in dieser Woche gleich zwei nationale Kartellbehörden ebenfalls diesbezügliche Initiativen angekündigt bzw. gestartet: Das deutsche Bundeskartellamt nimmt generell die Praktiken von Vergleichsportalen – auch aus der Reisebranche – ins Visier und die britische Competition and Market Authority untersucht explizit das Ranking der Suchergebnisse, den Kaufdruck, die Rabattbehauptungen und etwaige versteckte Gebühren von Hotelbuchungsportalen.
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