Content ist viel mehr als Beiwerk

Gast Author / 07.05 2025

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Gastblogpost* von Claudia Beck über die Auswirkungen von KI auf die Hotelsuche

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* Claudia Beck ist Director Sales Hotel Solutions unseres Preferred Partners GIATA GmbH

Was unterscheidet einen Anbieter heute wirklich von seinem Wettbewerber?

Diese Frage stellen sich aktuell viele in der Travel- und Hospitality-Tech-Branche – und beantworten sie allzu schnell mit einem simplen Buzzword: KI. Artificial Intelligence ist zum neuen Heilsversprechen geworden. Jeder nutzt sie. Jeder bewirbt sie. Jeder möchte „AI-first“ sein. Doch je mehr sich diese Rhetorik verbreitet, desto offensichtlicher wird, wie austauschbar sie ist – und wie gefährlich es ist, die Marke auf genau dieses eine Merkmal zu stützen.

Die große Verwechslung: Warum KI keine Differenzierung mehr schafft – und Content viel mehr ist als Beiwerk

Denn die Wahrheit ist: KI ist kein Differenzierungsmerkmal mehr. Sie war es – vielleicht. Aber sie ist es längst nicht mehr. Und wer heute noch versucht, sich über KI von anderen abzuheben, läuft genau in die Falle, die viele nicht sehen wollen: die KI-Differenzierungsfalle.

KI ist nicht mehr exklusiv. Sie ist Teil der Grundausstattung.

Ob GPT, LLaMA oder Stable Diffusion – mit Open-Source-Modellen, standardisierten APIs und kommerziellen Cloudlösungen von OpenAI, Google, AWS oder Co. haben heute nahezu alle Zugang zu denselben Technologien. Und sobald ein Anbieter ein neues AI-Feature einführt, folgen die anderen innerhalb weniger Wochen. Die Innovationsschwelle sinkt, der Abstand schmilzt. Differenzierung? Fehlanzeige.

Was früher eine Besonderheit war, ist heute Tischbesteck: eine Erwartung, kein Alleinstellungsmerkmal. Wer seine gesamte Markenbotschaft auf „wir machen das mit KI“ aufbaut, steht auf wackligem Fundament. Denn was heute noch beeindruckt, ist morgen Commodity – und spätestens übermorgen unsichtbar.

Das größte Missverständnis ist dabei die Annahme, Kunden würden „KI“ kaufen. Das tun sie nicht. Kunden kaufen Mehrwert. Sie kaufen Lösungen, Effizienz, Zeitersparnis, Komfort, Sicherheit, bessere Entscheidungen. KI ist nur das Mittel. Nicht der Grund. Und genau deshalb ist es fatal, sie zum Zentrum der Kommunikation zu machen. Wer das tut, riskiert, sich in einem Meer gleichklingender Versprechen zu verlieren.

Der bessere Weg? Fokus auf das, was durch Technologie ermöglicht wird – und auf das, was wirklich wirkt. Und das ist, paradoxerweise, nicht die Technologie selbst. Sondern das, was viel zu oft als nachrangig behandelt wird: Daten und Content.

Content ist kein Nebenschauplatz – er ist der Ort, an dem Entscheidungen entstehen

Besonders im Hospitality-Kontext ist die Unterbewertung von Content bemerkenswert. Noch immer werden Bilder, Fakten und Ausstattungsmerkmale als „non-bookable content“ bezeichnet. Ein Begriff, der nicht nur veraltet ist, sondern schlicht nicht zutrifft. Denn wer entscheidet, was „buchbar“ ist, muss sich anschauen, wie Menschen wirklich buchen.

Und das tun sie selten allein aufgrund eines Preises oder einer Suchmaske.

Sie buchen, weil ein Hotel etwas bei ihnen auslöst. Ein Gefühl. Eine Vorstellung. Einen Wunsch.
Und dieses Gefühl entsteht durch Inhalte: durch Bilder, durch klare Sprache, durch Details, durch Atmosphäre.

1. Bilder verkaufen den Traum.
Ein gutes Bild zeigt nicht nur einen Raum – es zeigt Licht, Stimmung, ist Einladung. Es macht das Unsichtbare greifbar. In der Hotellerie ist ein Bild weit mehr als „Visual“. Es ist Verkaufsargument, Markenbotschaft und emotionaler Türöffner zugleich. Menschen buchen auf Basis von Emotionen, nicht auf Basis von Features. Und Bilder sind der schnellste Weg dorthin.

2. Fakten geben Sicherheit.
Wie groß ist das Zimmer? Wie sieht der Check-in aus? Gibt es schnelles WLAN, sind Haustiere erlaubt, ist das Haus barrierefrei? Je klarer, präziser und vollständiger diese Informationen sind, desto sicherer fühlt sich der Gast. Und Sicherheit bedeutet: weniger Zögern, weniger Absprung, mehr Buchung.

3. Amenities definieren das Erlebnis.
Kein Gast bucht einfach nur ein Bett. Er bucht das, was ihn erwartet. Ein Spa. Eine Dachterrasse. Ein Co-Working-Space. Ein Café mit Blick. Das sind nicht „Zusätze“ – es sind die Unterschiede, die zählen. Sie machen ein Haus zu etwas Besonderem – oder eben austauschbar.

Wer also meint, Content sei „nicht buchbar“, hat nicht verstanden, was im digitalen Buchungsprozess tatsächlich passiert. Content entscheidet, ob ein Hotel Vertrauen aufbaut. Ob es inspiriert. Ob es relevant bleibt – oder in der Vergleichbarkeit untergeht.

KI ist kein Ersatz für Content – sondern dessen Verstärker

Genau an diesem Punkt kann KI sinnvoll zum Einsatz kommen. Sie kann helfen, Inhalte zu strukturieren, zu priorisieren, zu übersetzen, zu kategorisieren, zu personalisieren. Sie kann Redundanzen erkennen, Fehler reduzieren, Prozesse beschleunigen. Aber: Sie kann keine Bedeutung erzeugen, wo keine ist.

KI skaliert das Vorhandene. Sie potenziert, was da ist – Gutes wie Schlechtes.

Wenn ein Hotel veraltete, unscharfe, inkonsistente Inhalte hat, dann wird KI diese nicht besser machen. Im Gegenteil: Sie wird sie effizienter ausrollen – aber nicht überzeugender. Wer hingegen mit strukturierten, gepflegten, markenbezogenen Inhalten arbeitet, der kann mit KI genau das erreichen, was gebraucht wird: Relevanz in großem Maßstab.

Entscheidend ist, wie tief Inhalt, Technologie und Strategie miteinander verzahnt sind. Das beginnt bei Bilddatenbanken, die OTA-spezifisch klassifiziert sind – also nach den Anforderungen von Booking.com, Expedia, Amadeus & Co. Es geht weiter mit Texten, die nicht einfach nur übersetzt, sondern personalisiert und markenkonform formuliert sind. Und es zeigt sich in der Fähigkeit, Content nicht nur zentral zu pflegen, sondern kontextbezogen auszuspielen – je nach Kanal, Sprache, Zielgruppe, Gerät.

Erst dann wird aus Content ein Asset. Und aus KI ein echter Multiplikator.

Differenzierung entsteht heute dort, wo Daten, Content, Technologie und Haltung zusammenkommen

Die Hospitality-Tech-Welt hat sich in den letzten Jahren enorm weiterentwickelt. Es gibt kaum noch einen Anbieter ohne KI. Aber es gibt nach wie vor nur sehr wenige, die die Verbindung von Technologie, Daten, Content und Markenführung wirklich meistern.

Der Unterschied entsteht heute nicht in der Feature-Liste – sondern in der Fähigkeit, das große Ganze zu orchestrieren:

  • eine starke inhaltliche Grundlage,

  • ein klares Verständnis für Kanäle und Kontexte, 

  • und ein ehrlicher Umgang mit den Grenzen und Möglichkeiten von Technologie.

Wer das zusammenbringt, schafft nicht nur Sichtbarkeit, sondern Vertrauen. Und wer Vertrauen schafft, wird gebucht.

Wohin geht die Reise? – Wie KI die Suche nach Reisen und Hotels verändern wird

Bis hierher haben wir über den Status quo gesprochen – darüber, was KI heute ist und nicht ist. Doch der eigentliche Wandel beginnt erst. Denn KI verändert nicht nur Tools und Prozesse – sie verändert, wie wir suchen. Und damit auch, was gefunden wird.

Die klassische Reisesuche war lange starr: Reisedatum, Destination, Preisfilter, Ergebnisliste. Doch mit generativer KI entsteht ein völlig neuer Ansatz: Die Suche wird dialogisch, bedarfsorientiert – und erlebnisgetrieben.

Menschen fragen nicht mehr: „Was kostet ein Hotel in Lissabon im Juni?“
 Sondern: „Ich möchte für ein paar Tage raus, irgendwo mit Sonne, gutem Essen, coolem Designhotel und Yoga-Angebot – was schlägst du vor?“

Diese neue Art der Suche beginnt nicht mit einem Ort, sondern mit einem Gefühl. Sie ist nicht auf ein Reisedatum fixiert, sondern offen für Vorschläge. Sie ist nicht von Preislisten geprägt, sondern von individuellen Wünschen und Lebenssituationen. Und genau das verschiebt den Fokus: Die Destination rückt in den Hintergrund. Was in den Vordergrund tritt, sind Erlebnisse, Stimmungen, Services – und das Hotel als Bühne all dessen.

Ein Businessgast sucht vielleicht kein Hotel in „Berlin-Mitte“, sondern ein Hotel mit schnellen Check-in-Prozessen, Schallschutz, 24/7-Roomservice und Co-Working-Lounge.
Eine Familie sucht nicht „Gardasee im Mai“, sondern einen Ort mit Kinderbetreuung, Spielplatz, Pool und flexiblen Essenszeiten.
Ein Paar will nicht „etwas Schönes in Frankreich“, sondern ein kleines Haus mit regionaler Küche, Kaminzimmer und Weitblick.

KI kann genau solche Wünsche verstehen, interpretieren – und in passende Vorschläge übersetzen.

Für Hotels ist das eine neue Bühne – und eine neue Verantwortung

Hotels, die heute beginnen, ihre Inhalte nicht nur für Menschen, sondern auch für Maschinen verständlich zu gestalten, schaffen die Grundlage, um in diesen neuen Sucherlebnissen aufzutauchen. Denn künftig wird nicht mehr derjenige gefunden, der am lautesten wirbt, sondern der, dessen Angebot am besten zur Situation passt – zur Anfrage, zum Bedürfnis, zum Moment.

Und das bedeutet: Die Rolle des Hotels wandelt sich. Es reicht nicht mehr, einfach präsent zu sein. Es geht darum, passend zu sein. Passend im Ton. Im Timing. In der Ansprache. In der Erwartung.

Wer sichtbar bleiben will, muss sich also nicht nur inhaltlich zeigen, sondern auch kontextfähig kommunizieren. KI braucht strukturierte Inhalte, gepflegte Daten, klare Attribute. Sie muss wissen: Was ist das hier eigentlich für ein Ort? Was macht ihn besonders? Für wen ist er genau richtig?

Die neue Suche wird kein Listen-Skimming mehr sein – sie wird ein dialogischer Auswahlprozess sein. Und wer dabei nicht mitsprechen kann, wird übersehen.

Die Zukunft gehört denen, die ihre Inhalte KI-fit machen

Wer heute beginnt, seine Inhalte nicht nur zu erstellen, sondern strategisch zu strukturieren und KI-kompatibel bereitzustellen, wird morgen ganz vorn dabei sein. Nicht, weil er die beste Technik hat. Sondern, weil er relevant ist – für echte Menschen, mit echten Bedürfnissen und unabhängig davon, ob Agentic AI eine Buchung durchführt oder der Kunde auf einer Webseite. Der Reisende bleibt ein Mensch.

KI wird nicht mehr fragen: „Wo willst du hin?“
Sondern: „Was brauchst du gerade?“
Und wer darauf die beste Antwort geben kann, wird gebucht.

Wie Struktur KI wirklich unterstützt – und was YAML damit zu tun hat

Doch um diese eine richtige Antwort geben zu können – die Antwort, die wirklich passt – braucht es mehr als nur Technologie. Es braucht Inhalte, die nicht nur vorhanden sind, sondern auch verstanden werden können. Von Menschen. Und von Maschinen. Und das beginnt mit Struktur. Denn Struktur ist das, was Bedeutung lesbar macht. Ein kleines Format hilft dabei, genau das sichtbar zu machen: YAML.

Verständlich statt technisch

Wenn man einem Nichttechniker einen XML-Datensatz zeigt, stößt man schnell auf Stirnrunzeln. XML ist ein wichtiger technischer Standard – aber es wurde nie dafür gemacht, von Menschen gelesen zu werden. Verschachtelte Tags, technische Attribute, kryptische Struktur: Für viele ist das ein Buch mit sieben Siegeln. YAML ist hier ein nützliches Werkzeug. Es stellt denselben Inhalt in klar lesbarer, logisch gegliederter Form dar – fast wie eine übersichtliche Notiz. Einfach, verständlich, greifbar.

Ein Werkzeug für das Zusammenspiel von Teams

Dabei geht es nicht darum, YAML als neues technisches Format einzuführen – die operative Distribution läuft weiterhin über XML. YAML hilft vielmehr intern: Es schlägt eine Brücke zwischen Entwicklung und Inhalt, zwischen denen, die Daten technisch verarbeiten – und denen, die sie strategisch, inhaltlich oder kommunikativ nutzen.

Wer Inhalte KI-fit machen will, braucht keine neue Sprache – sondern ein neues Verständnis von Struktur. YAML kann dabei helfen, dieses Verständnis sichtbar zu machen – für all jene, die in der Hospitality Verantwortung für Inhalte tragen, ohne selbst zu entwickeln: Content-Manager:innen, Hotelvertriebsverantwortliche, Brand-Teams, Produktverantwortliche auf Plattformseite, Marketing-Profis – also genau die Rollen, die täglich mit Hotelinhalten arbeiten, sie bewerten, freigeben oder erklären müssen.

Kein neues System – aber ein neues Verständnis

YAML ist kein System, keine Software, kein neues Tool, das eingeführt werden muss. Es ist schlicht ein Format zur Darstellung strukturierter Daten, das mit frei verfügbaren Konvertern oder einfachen Texteditoren genutzt werden kann – vor allem dann, wenn es darum geht, komplexe Inhalte verständlich zu kommunizieren.

Kurz gesagt:
 🟡 YAML zeigt das Prinzip
 🟢 skalierbare Systeme liefern die Praxis.

Fazit: Struktur ist keine Option, sondern Voraussetzung

Die Zukunft der TravelTech- und Hospitality-Branche entscheidet sich nicht daran, wer KI nutzt – sondern wie gut sie durch Inhalte, Daten und klare Strukturen zum Leben erweckt wird.

 


1 Kommentare
Claudia Beck, Director Sales Hotel Solutions, GIATA
Claudia Beck, Director Sales Hotel Solutions, GIATA
1 Bemerkungen :

May 8 2025 10:54 am von Therese Christierson / TC Hotel Marketing

Es ist eine Freude Ihren Artikel zu Content zu lesen. Ich bin ganz begeistert über die Betonung von "was zeichnet mich als Hotel aus" und ist das klar und differenziert nach Zielgruppe in Onlinevertrieb dargestellt? So klar und so hilfreich. Ganz herzlichen Dank!

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