Zum Wiehern
Blog von Markus Luthe zum Mehrwertsteuerrecht vom 10. Oktober 2009
Der unebene Parcours des deutschen Mehrwertsteuerrechts lässt einen immer wieder ungläubig aus dem Sattel steigen. Nun will die EU-Kommission die Zügel in die Hand nehmen und will den deutschen Amtsschimmel endlich zähmen. Die Brüsseler Hüter des Binnenmarktes monieren den zu lockeren Umgang des deutschen Fiskus mit einem Lebensmittel, das für uns Deutsche offensichtlich von essentieller Bedeutung sein muss: Pferdefleisch.
Der Pferdehandel in Deutschland unterliegt nicht dem regulären, sondern dem reduzierten Mehrwertsteuersatz. Während Hund, Katze, Maus bei 19 % den Besitzer wechseln, fallen für Kuh, Schwein, Pferd nur 7 % Mehrwertsteuer an. Letztere seien schließlich allesamt nach dem Gang zum Schlachter als Lebensmittel zu betrachten. Ja, laut amtlicher Statistik werden in Deutschland neben 1,3 Millionen Kühen eben auch 9.500 Pferde zu Fleisch verarbeitet. Hiervon profitieren aber auch die Liebhaber des deutschen Pferdesportes, denn auch auf Pferdeauktionen werden somit edle Turnierpferde für fünf- und sechsstellige Beträge nur zum reduzierten Mehrwertsteuersatz versteigert.
Die sieht hierin einen nicht länger hinzunehmenden „Deklarationsmissbrauch“ und hat vor dem Europäischen Gerichtshof nun Klage gegen Deutschland erhoben. Schließlich dürfe der reduzierte Mehrwertsteuersatz nicht angewendet werden für den Verkauf „von Ponys und Rennpferden, die weder für die Zubereitung von Nahrungs- oder Futtermitteln noch für den Einsatz in der landwirtschaftlichen Erzeugung bestimmt sind“.
Und wie positioniert sich die Bundesregierung? Das Bundesfinanzministerium scheut vor der geballten reiterlichen Vereinigung und ließ zur Brüsseler Aufforderung nach Deklarationsänderung retournieren: „Es galt, was unter die gemäßigten Steuersätze fällt, soll auch da bleiben.“ Derselben schwarz-roten Koalition, die dem Gastgewerbe den reduzierten Mehrwertsteuersatz und die Gleichbehandlung mit Metzgern und Bäckern rundweg verweigerte, gingen also bei der Kavallerie die steuersystematischen Gäule durch.
Es bleibt die Hoffnung, dass die neue Bundesregierung endlich ein Mehrwertsteuerrecht in den Sattel hievt, das auch Hotellerie und Gastronomie in Deutschland Barrieren aus dem Weg räumt.
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