Zu pauschal
Blogpost von Markus Luthe zum Reiserecht

Die Insolvenz von Thomas Cook ist sicher der GAU der Pauschalreise. Ob sie auch zur Kernschmelze führt, wird davon abhängen, ob das Reiserecht nun mit Augenmaß reformiert wird.
Außer einigen Hedge Fonds, kennt die Insolvenz aus „heiterem Himmel“ der britischen Nummer 2 unter den Reiseveranstaltern in Europa sicher nur Verlierer: Reisende, Reisebüros, Mitarbeiter von Thomas Cook und Hoteliers. Jetzt, wo nach der erfolgreichen Rückholung der gestrandeten Auslandsreisenden, die politische Aufarbeitung beginnt, möchte ich einige, sicher noch nicht abschließende Gedanken aus Sicht der Hotellerie in Deutschland beisteuern.
Auch wenn uns keine Gesamtzahlen vorliegen, ist auch die Betroffenheit deutscher Hotels in Einzelfällen massiv, in der Summe aber sicherlich nicht so gravierend wie die der Hotels in den Mittelmeerregionen und den Übersee-Zielen. Umso bitterer muss das viel zu pauschale mediale Hoteliers-Bashing empfunden werden.
Die faktische und rechtliche Situation ist dabei sicher in jedem Land gesondert zu bewerten. Keinesfalls kann für Deutschland die Rede davon sein, dass ein erneutes zur Kasse bitten von Hotelgästen ein abwegiger Gedanke ist.
Im Gegenteil, denn die einschlägige Passage aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch weist ausschließlich dem Pauschalreisenden – und eben nicht dem Hotelier – einen Anspruch auf Insolvenzschutz zu und zwar ausdrücklich gerade auch im Hinblick auf zusätzliche Zahlungsaufforderungen von Leistungserbringern.
Damit war der Hotelier, der selbst seit Monaten keine Zahlung mehr von Thomas Cook erhalten hatte, in einer Zwickmühle, da er selbstverständlich mit Blick auf sein eigenes Unternehmen und seine Mitarbeiter seinerseits zur Schadensminimierung verpflichtet war.
Erheblich verschärft wurde die Situation durch das Fehlen einer klaren Ansage seitens des insolventen Reiseveranstalters, des Versicherers oder der Insolvenzverwalter. Hier ist sicherlich Reformbedarf gegeben, wenn man die Situation einmal mit dem beispielhaft entschlossenen und verantwortungsvollen Agieren der britischen Civil Aviation Authority vergleicht.
Die Hoteliers in Deutschland waren jedenfalls nicht nur tagelang durch die zweifelhafte Rechtslage einer Notgeschäftsführung bei der Thomas Cook GmbH in Deutschland und einem Eigenleben des zunächst nicht-insolventen Vertragspartners Thomas Cook International AG Schweiz wie gelähmt, es zirkulierte zu allem Überfluss auch noch eine verwirrende „Temporary Cost Coverage“ der Zurich Versicherung, die nur den flüchtig lesenden Hotelier in Deutschland in vermeintlicher Zahlungssicherheit wiegte...
Zu allem Überfluss konnte der Hotelier in dieser Situation nicht einmal darauf vertrauen, dass der über den Reiseveranstalter eingebuchte Hotelgast überhaupt einen validen Reisepreissicherungsschein vorlegte, denn schließlich war es ausgerechnet die Thomas Cook GmbH in Deutschland, die im letzten Jahr die „gewillkürte Pauschalreise“ für Einzelleistungen kreierte, vermeintlich absicherte und erst nach massiven Bedenken von Reiserechtlern diese ebenso kurzsichtige wie zweifelhafte Praxis wieder aufgab.
Jetzt drohen auch ausgerechnet der Hotellerie durch die anstehende Reform des Reiserechts weitere Kollateralschäden, denn erste Rufe nach einer Kundengeldabsicherung für Einzelleistungen sind schon zu vernehmen. Aber ein Überstülpen des überbürokratischen Pauschalreiserechts auf reine Hotelzimmerbuchungen wäre ebenso aktionistisch wie toxisch.
Vielmehr liegt eine andere Konsequenz nahe: Bei den Hoteliers könnten – pauschal betrachtet – Exklusivverträge mit Reiseveranstaltern und einseitig durchgedrückte Endlos-Zahlungsziele schon aus purem Selbstschutz zu Auslaufmodellen werden.
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