Wühltisch-Level
Blog von Markus Luthe zum Einzelhandelsverband vom 24. Juli 2009
Der bereits vor einem Jahr eröffneten auf den reduzierten Mehrwertsteuersatz für das Gastgewerbe meinte sich vorgestern auch der Hauptverband des deutschen Einzelhandels (HDE) anschließen zu müssen. Mit der Pressemitteilung „Mehrwertsteuer-Stammtisch“ verspottete er den Einsatz der Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU) und Günther Oettinger (CDU) für das wichtigste Anliegen von Hotellerie und Gastronomie und prangerte das vermeintlich „dicke Wahlgeschenk an die Wirte“ an.
Damit fand die gegen das Gastgewerbe gerichtete politische Wühlarbeit der Interessenvertreter der Einzelhändler auf dem Berliner Parkett im parlamentarischen Sommerloch auch den Weg in die Öffentlichkeit. Der HDE versucht in die Rolle eines obersten Verbraucherschützers zu schlüpfen und warnt vor einer Steuersatzsenkung, die in Wirklichkeit auf eine „erhebliche Steuererhöhung“ hinauslaufe. Von dieser stringenten Argumentationskette wird allein das selbst geklebte Etikett „Verbraucherschutz“ haften bleiben, an dem sich der HDE also zukünftig ordnungspolitisch messen lassen will.
Was aber treibt die obersten deutschen Ladenhüter zu diesem beispiellos unsolidarischen Akt unter Wirtschaftsverbänden? Kramt man den wahren Grund hervor, so wird schnell eine Konkurrenzsituation offenbar, die der HDE allerdings lieber nicht anspricht: Der Lebensmitteleinzelhandel bangt um seinen Wettbewerbsvorsprung, denn schließlich darf er ja seit Jahrzehnten Lebensmittel zum reduzierten Mehrwertsteuersatz feil bieten. So einfach und platt ist der wa(h)re Zusammenhang.
Hotellerie und Gastronomie können aus dem „Friendly Fire“ des Handels eigentlich nur Zuversicht und Bestätigung für ihre Kampagne „Pro 7%“ schöpfen: Denn wie nah müssen wir an der Realisierung unseres Branchenanliegens politisch gesehen „dran“ sein, dass ein befreundeter Wirtschaftsverband wie der HDE derart die Contenance verliert?
Den Unternehmern in Gastgewerbe und Handel wäre jedenfalls besser gedient, wenn dieser Interessengegensatz schnell von den Tresen und Ladentheken abgeräumt würde und die Energie ihrer Spitzenverbände zukünftig wieder in die gemeinsamen Baustellen - von der Streichung der Gewerbesteuerhinzurechnungen von Mieten und Pachten bis zum Kampf gegen die Kreditkartenkartelle – fließen könnte.
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