Wenn Beliebtheit zur Beliebigkeit wird

Markus Luthe / 01.09 2011

icon min Lesezeit

icon 0 Kommentare

Zurück

Blog von Markus Luthe zu Hotelbuchungsportalen vom 1. September 2011

Hotelbuchungsportale sortieren ihre Suchergebnisse gewöhnlich nach Preisen, Hotelsternen, Gästebewertungen oder Entfernung zum Point of Interest. Zunehmend mehr Portale werfen die Ergebnislisten aber auch nach einer nicht näher definierten „Beliebtheit“ in absteigender Reihenfolge aus. Der Kunde erhält über die Ursachen dieser „Beliebtheit“ keine Aufklärung. Er ahnt wahrscheinlich nicht einmal im Entferntesten, dass hier die „Beliebtheit“ für das Buchungsportal gemeint ist.

Die Buchungsportale lassen in ihr Beliebtheitsranking der Hotelpartner neben Kriterien wie Datenqualität, Konversionsrate, Stornoquote, Preispolitik, ganzjährige Verfügbarkeit oder Zahlungssicherheit auch die Höhe der Kommissionszahlung einfließen. Einige Buchungsportale haben sich auf diese Weise zusätzliche Einnahmequellen erschlossen und die Hoteliers überbieten sich peu à peu beim Hochschrauben ihrer zu zahlenden Vermittlungsprovisionen in Zeiten niedriger Auslastung im buchstäblich stillen Kämmerlein selber und gegeneinander.

Nun ist das Landgericht Berlin auf Betreiben der  eingeschritten und hat vorläufig verfügt, ein dermaßen „erkauftes“ Ranking bei einem Hotelbuchungsportal sei eine Irreführung des Verbrauchers. Auch wenn der Beschluss vom 25. August 2011 mit dem Aktenzeichen 16 O 418/11 noch nicht rechtskräftig ist, so wurde doch ein erster wichtiger Pflock für mehr Transparenz in der Online-Distribution eingeschlagen. 

In dem einstweiligen Verfügungsverfahren hatte die Wettbewerbszentrale die Praxis von Booking.com moniert, dass die Höhe der vom Hotel zu zahlenden Kommission für die auf dem Buchungsportal angebotenen Zimmer einen Einfluss auf die Reihenfolge hat, in der Hotels einer Stadt auf der Webseite erscheinen. Insbesondere die Bezeichnung der Sortierkategorie mit „Beliebtheit“ verschleiere den wahren Ordnungsgrund für den Verbraucher. Das Landgericht Berlin untersagte Booking.com nun diese Geschäftspraxis. Nach Auffassung der Kammer erwarte der Verbraucher nicht, dass – selbst wenn nur mit einem gewissen Anteil – Zahlungen der Hotels an das Portal dieses Ranking beeinflussen. 

Damit wird eine Forderung der europäischen Hotellerie erstmals anhängig und gerichtsfest. Erst im Mai 2011 hatte unser Dachverband HOTREC auf Betreiben des Hotelverbandes Deutschland (IHA) „20 Eckpunkte fairen Verhaltens von Hotelbuchungsportalen“ aufgestellt und unter anderem gefordert, das sogenannte Biasing zu ächten (Position 8). Danach dürfen intransparente Auktionsmodelle keinen Einfluss auf die Positionierung in den Ergebnislisten der Hotelbuchungsportale haben. Anderenfalls solle zumindest der Gast deutlich darauf hingewiesen werden, wenn die Hotel-Platzierung in der Ergebnisliste eines Portals „wohlfeilen“ Kriterien unterworfen ist. 


0 Kommentare
Geschrieben von
Markus Luthe
Dipl.-Volkswirt / Hauptgeschäftsführer
Hotelverband Deutschland (IHA)

office@hotellerie.de
Sei der erste der kommentiert

Kommentar hinzufügen

×
Name ist erforderlich!
Geben Sie einen gültigen Namen ein
Gültige E-Mail ist erforderlich!
Gib eine gültige E-Mail Adresse ein
Kommentar ist erforderlich!

* Diese Felder sind erforderlich.

Weitere
07.11.2023 von Markus Luthe
Löchrig

Wann haben Sie eigentlich zum ersten Mal entdeckt, ob Ihr Handy 5G-tauglich ist? Bei mir war es vor ein paar Jahren bei einem Besuch in Estland, als zum ersten Mal „5G“ auf meinem Handy-Display aufleuchtete. Hier in Deutschland hatte ich erst letztes Jahr Premiere. Immerhin ist so jetzt wenigstens auch das Mobilfunkloch in meinem Büro im Berliner Verbändehaus in 400 Meter Entfernung vom Reichstag gestopft worden: Ich bin jetzt mit 2 von 5 Feldstärke-Balken im 5G-Zeitalter angekommen… Yeah?

26.07.2023 von Markus Luthe
Follow-up: Phisherman's Friend

Vor gut zwei Wochen habe ich in meinem Blogpost „Phisherman’s Friend“​​​​​​​ über Phishing-Attacken, Fake-Buchungen und Zahlungserschleichungen rund um das interne Kommunikationssystem von Booking.com berichtet, das vermutlich wiederholt als Einfallstor für Betrügereien zu Lasten der Hotels genutzt wurde und wird. Seitdem haben uns enorm viele Fallschilderungen betroffener Hoteliers erreicht, die auf systematische Kriminalität und einen hohen Schaden bei den Hotelpartnern hindeuten.

10.07.2023 von Markus Luthe
Phisherman's Friend

Das interne Kommunikationssystem von Booking.com, das Hoteliers zwingend für die Kommunikation mit ihren über Booking.com buchenden Hotelgästen nutzen müssen, erweist sich zunehmend als Sicherheitsrisiko und Achillesferse der Branche. Das System scheint seit Anfang dieses Jahres gleich mehrfach als Einfallstor für Betrügereien („Phishing“) rund um die Hotelbuchung genutzt worden zu sein.