Warum ich Yelp nicht mehr ernstnehmen kann

Gast Author / 18.03 2016

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Gastblog von Axel Pabst* zu Bewertungsportalen

Bereits an anderer Stelle (Wem gehören die Internetbewertungen eines Unternehmens) hatte ich im Zusammenhang mit der Umstellung von Qype auf Yelp darüber berichtet, dass das Bewertungsportal Yelp Bewertungen mit Hilfe eines Algorithmus ausblendet. Dieses Phänomen wurde zunächst auf Anfangsschwierigkeiten der Übernahme zurückgeführt.

Inzwischen scheint es aber zum Standard zu gehören: Menschen, die sich erstmals bei Yelp anmelden, um eine Bewertung für ein Unternehmen abzugeben, schaffen es nicht, dass diese Bewertung als richtig anerkannt wird. Sie verschwindet nach einem Tag in die Rubrik „Beiträge, die momentan nicht empfohlen werden“.

Dass diese Filtersoftware zulässig ist, hat jüngst das Kammergericht entschieden, wie die Kanzlei Gulden Röttger hier mitteilt. Die Frage ist nur, ob das, was Yelp macht, klug ist.

Wenn ich es richtig verstehe, „vertraut“ Yelp solchen Menschen, die sich anmelden, „Fan“ der „Yelp Community“ sind und durch regelmäßige Beiträge zeigen, dass sie zu dieser Community beitragen. So war das vielleicht früher mal bei Qype, als deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter noch eine motivierende Beziehung zu den Menschen aufgebaut und unterhalten haben, die letztendlich für ihre Gehälter gesorgt haben. Damals war ein Bewertungsportal vielleicht noch etwas Besonderes; ein zartes Pflänzchen, das alle, die an „Web 2.0“ glaubten, sorgsam gehegt und gepflegt haben. Schon damals war es aber so, dass jeder mit seiner ersten Bewertung einmal angefangen hat. Fühlte er sich bei Qype wohl, hat er weitere Bewertungen abgegeben.

Heute aber, wo jeder Zanarzt, jeder Supermarkt und jeder Onlineshop bewertet werden möchte, kommt es auf diese „Community“ leider nicht mehr an. Es kommt nicht einmal mehr auf ein zentrales Portal an. Für Zahnärzte ist das Zahnarztportal wichtig, für Hotels das Hotelbewertungsportal und für alle ganz besonders jeweils die eigene Website.

Also Yelp: Wenn sich einer meiner Mandanten schon mal die Mühe macht, sich bei Euch anzumelden, Euch seine Daten zu schenken, um für meine Kanzlei auf Eurer Seite eine Bewertung abzugeben,  dann frustriert ihn doch bitte nicht gleich, indem Ihr seine Bewertung in den letzten, unauffindbaren Winkel Eures Portals verschiebt. Ansonsten wüsste ich nicht, weshalb er jemals wieder bei Euch eine Bewertung abgeben sollte. Natürlich weiß ich, dass das gar nicht Euer (Ziel)Kunde ist, sondern Ihr eigentlich auf zahlende Unternehmer scharf seid. Aber die kommen nicht, wenn Ihr so mit ihren Kunden umspringt.

Wieso sollte ich als Unternehmer Eure Seite ernst nehmen, wenn sie davon ausgeht, dass alle Bewertungen gefaked seien, oder es jedenfalls nicht wert sind, angezeigt zu werden?

Und eins noch, Yelp: Die Zeiten in denen Euch ein Unternehmen „fürchten“ musste, sind jedenfalls in Deutschland vorbei; falls es sie jemals gab. Das könnte daran liegen, dass Ihr es Euch mit der früheren Qype-Community so richtig versaut habt, dass Ihr (deshalb) keine relevanten Nutzerzahlen in Deutschland habt, dass Bewertungs-Akuumulatoren zunehmend wichtiger werden, und dass Euer Verhältnis zu Google auch nicht gerade das Beste sein soll, wie man hört.

Und möglicherweise bringt es heute gar keinen Nutzen mehr, wenn man als Rechtsanwaltskanzlei auf einem Bewertungsportal vertreten ist, das hauptsächlich Restaurants als Zielkunden hat.

All diese Gründe bringen mich zu dem Ergebnis, dass ich Yelp derzeit nicht mehr ernst nehmen kann. Schade.

Das nachfolgende Video, das ich über die Seite http://www.yelp-sucks.com/ gefunden habe, trifft die Sache ganz gut.

 

Axel Pabst

am 18.03.2016


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