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Markus Luthe / 29.10 2018

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Blogpost von Markus Luthe zur Online-Distribution

Quelle: Screenshot Booking.com
Quelle: Screenshot Booking.com

Als mich vor kurzem ein bayerischer Kollege ansprach, ob ich das Urteil (Az. 22 C 517/16) des Amtsgerichts Hildburghausen vom 5. Juli 2018 schon kennen würde, glaubte ich zunächst, er wolle mir einen juristischen Anekdoten-Schmankerl à la Königlich Bayerisches Amtsgericht auftischen.

Doch weit gefehlt und ich muss gleich zweifach Abbitte leisten: Zum einen weil ich die ehemalige thüringische Residenzstadt Hildburghausen nahe der Landesgrenze zu Bayern aufgrund lückenhafter Geographie-Kenntnisse in das falsche Bundesland verortet habe und zum anderen weil ich nach Lektüre des besagten Urteils keinerlei Zweifel an der juristischen Kompetenz des Amtsgerichts Hildburghausen hege.

Worum geht es bei dem zugrundeliegenden Fall? Ein Hotel hatte versucht, seinen Zahlungsanspruch gegen einen Verbraucher, der über Booking.com gebucht hatte, gerichtlich durchzusetzen. Doch das AG Hildburghausen wies die Forderung zurück und urteilte, dass zwischen den Parteien ein Vertrag gar nicht zustande gekommen sei. Der Grund dafür ist die gesetzwidrige Beschriftung des Bestätigungsknopfes am Ende der Buchungsstrecke von Booking.com mit den Worten „Buchung abschließen“.

Zurecht begründet der Richter das Urteil mit der sogenannten Button-Lösung, die der Gesetzgeber zum 1. August 2012 zur Erhöhung der Transparenz im Online-Handel in das Bürgerliche Gesetzbuch eingeführt hat. Der einschlägige § 312j BGB lautet:

(2) Bei einem Verbrauchervertrag im elektronischen Geschäftsverkehr, der eine entgeltliche Leistung des Unternehmers zum Gegenstand hat, muss der Unternehmer dem Verbraucher die Informationen gemäß Artikel 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1, 4, 5, 11 und 12 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch, unmittelbar bevor der Verbraucher seine Bestellung abgibt, klar und verständlich in hervorgehobener Weise zur Verfügung stellen.

(3) Der Unternehmer hat die Bestellsituation bei einem Vertrag nach Absatz 2 so zu gestalten, dass der Verbraucher mit seiner Bestellung ausdrücklich bestätigt, dass er sich zu einer Zahlung verpflichtet. Erfolgt die Bestellung über eine Schaltfläche, ist die Pflicht des Unternehmers aus Satz 1 nur erfüllt, wenn diese Schaltfläche gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern „zahlungspflichtig bestellen“ oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet ist.

(4) Ein Vertrag nach Absatz 2 kommt nur zustande, wenn der Unternehmer seine Pflicht aus Absatz 3 erfüllt."

Das Urteil des AG Hildburghausen steht im Einklang mit einer ganzen Reihe weiterer Gerichtsurteile zum § 312j BGB, wie z.B. dem des Oberlandesgerichts Köln (Az.: 6 U 39/15) vom 3. Februar 2016 oder des Landgerichts München I (Az.: 12 O 730/17) vom 1. März 2018.

Wie kann es aber sein, dass der dominante Marktführer unter den Buchungsportalen eine solch klare gesetzliche Regelung über Jahre ignoriert, schlichtweg nicht umsetzt und sich so einen unlauteren Wettbewerbsvorteil verschafft?

Ganz zu schweigen von der Rechtsunsicherheit, die Booking.com bei jedem Buchungsvorgang für seine Hotelpartner auslöst, die letztlich keine Gewissheit haben können, ob der über das Portal geschlossene Beherbergungsvertrag im Fall der Fälle auch vor Gericht Bestand haben wird.

Ich erinnere mich noch gut an die heftige Diskussion um die Einführung der Button-Lösung, als sich der Hotelverband vehement gegen das zusätzliche Abmahnrisiko aufgrund der neuen gesetzlichen Vorgabe stemmte. Schließlich mussten in Deutschland alle Hotel-Homepages mit Online-Buchungsstrecke aber doch auf die Button-Lösung umgerüstet werden. Und Booking.com sieht sich bis heute über dem Gesetz schweben?


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Die optimale Button-Lösung: Direkt Buchen!
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Geschrieben von
Markus Luthe
Dipl.-Volkswirt / Hauptgeschäftsführer
Hotelverband Deutschland (IHA)

luthe@hotellerie.de
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