Unter Wikingern
Blogpost von Markus Luthe zu Booking.com

Wieder einmal zählt die Booking Holdings laut fvw-Bericht vom 11. Februar 2025 zu einem illustren Kreis von Online-Portalen, die Verbraucherschützern wegen der Verwendung von „Mondpreisen“ und „Scheinrabatten“ besonders negativ auffallen. Warum verwundert mich das bloß nicht mehr?
Das irreführende Vorgehen des Unternehmens hat Methode. Schon vor zehn Jahren beklagte sich unser Mitglied Wikingerhof im schleswig-holsteinischem Kropp über eine unverschämt bis dreiste Preisaktion von Booking.com: Obwohl der Wikingerhof im Sommer 2015 überhaupt keine Preissenkung vornahm, verpasste ihm Booking.com einfach ungefragt einen „50% Rabatt“ Banner. Die Preise waren also trotz des marktschreierischen Solos des Buchungsportals gleichgeblieben und die aufgrund der nun überzogenen Erwartungshaltung der Gäste negativen Bewertungen ließen sich nicht lange auf sich warten: „Bei einem Haus Ihrer Kategorie hätten wir erwartet…“
Dem Hotelier platzte schließlich der Kragen und er bat den Hotelverband um Unterstützung und Abhilfe. Am 23. Dezember 2015 reichten wir Unterlassungsklage beim Landgericht Kiel ein. Dies markierte den Auftakt eines bis heute nicht abgeschlossenen Rechtsstreits, der zwischenzeitlich auch schon Rechtsgeschichte geschrieben hat.
Das Amtsgericht Kiel wies die Klage ab und verwies darauf, dass niederländisches Recht anzuwenden sei und Amsterdam der anzurufende Gerichtsstand sei. Dieser Auffassung schloss sich im Jahr 2017 auch das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig an und ließ eine Revision nicht zu. Hiergegen reichten wir eine sogenannte Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe ein.
Im Jahr 2018 ließ der BGH die Revision zu und legt die entscheidungsrelevanten Rechtsfragen wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg vor. Die obersten europäischen Richter bestätigten 2020 unsere Rechtsauffassung, dass wettbewerbsrechtlich ein deutsches Hotel sehr wohl deutsche Gerichte anrufen können muss.
Damit war also geklärt, „wo Wickie und die starken Männer klagen“ (Zitat geklaut bei: Sascha Pres / Tobias Voßberg, GRUR Prax 2020.490) und der BGH in Karlsruhe verwies 2021 das Verfahren daraufhin an das OLG Schleswig zurück.
Hoch im Norden mussten wir 2022 allerdings eine friesisch-herbe Enttäuschung hinnehmen und eine weiterhin fehlende Bereitschaft feststellen, sich grundsätzlich mit den durch die Neulandgewinnung des Internets zwingend aufgeworfenen Rechtsfragen auseinanderzusetzen. Aus der abweisenden „Urteilsbegründung“ des OLG Schleswig (Az.: 16 U 10/17 Kart):
Booking.com dürfte sich durch den Rabatthinweis vertragswidrig verhalten haben. Vertragsrechtliche Aspekte müssten aber nach der Rechtsprechung des EuGH im hiesigen Verfahren unberücksichtigt bleiben.
Booking.com greife nicht in die Preissetzungsfreiheit der Hotels ein, sondern bewerbe nur ein Angebot des Hotels.
Jedenfalls seien die Rabatthinweise nicht „unbillig“, da Booking.com nicht abverlangt werden könne, auf die Empfindlichkeiten jedes einzelnen Hotels einzugehen.
Eine Diskriminierung / Ungleichbehandlung sei nicht zu erkennen, da die Rabatthinweise standardmäßig angewendet worden seien.
Es bestünden UWG-Unterlassungsansprüche. Der Rabatthinweise sei irreführend und eine Täuschung gewesen. Die Wiederholungsgefahr sei zwischenzeitlich aber entfallen, weil später eine – nach Ansicht des Gerichts – strafbewehrte Unterlassungserklärung gegenüber Dritten abgegeben worden sei.
Wiederholungsgefahr gebannt? Wohl kaum, wie ja unter anderem in der bereits zitierten fvw vom 11. Februar 2025 nachzulesen ist.
So konnte das natürlich nicht stehen bleiben. Deshalb haben wir auch gegen diesen erneuten Urteilsversuch des OLG Schleswig Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH eingelegt. Und wir hatten wieder Erfolg: Am 11. Februar 2025 gab der BGH unserer Nichtzulassungsbeschwerde statt und ließ die Revision gegen das Urteil des OLG Schleswig zu!!
Damit wird es voraussichtlich noch in diesem Jahr erneut zu einer mündlichen Revisionsverhandlung kommen, in der diesmal aber nicht über Zuständigkeitsfragen, sondern endlich materiell-rechtlich zu entscheiden sein wird. Wir werden vom höchsten deutschen Zivilgericht Klarheit darüber erhalten, was sich ein Online-Buchungsportal herausnehmen darf:
Darf Booking.com als im Auftrag des Hotels handelnder Mittler nach eigenem Gutdünken ohne dessen Zustimmung Rabatte ausrufen – noch dazu irreführende?
Muss Booking.com dem Hotel als Auftraggeber der Vermittlung die E-Mail-Adresse und Telefonnummer der Buchenden weiterleiten?
Sind die Buchungsprovisionen von Booking.com – zumindest jene über 15% – missbräuchlich oder gar sittenwidrig?
Wir dürfen gespannt sein!
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