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Markus Luthe / 16.03 2018

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Blogpost von Markus Luthe zu Airbnb

1Berliner Funkturm am 8.3.018; © M. Luthe / IHA
1Berliner Funkturm am 8.3.018; © M. Luthe / IHA

Airbnb fühlt sich nach kurzem Warm-up in der „Sharing“ Economy-Nische fit für den Wettbewerb mit den Champions unter den Online-Buchungsportalen. Das jedenfalls ist die Message, die das Unternehmen aus dem Silicon Valley derzeit an die Hotellerie zu senden bemüht ist. „Airbnb is for everyone“, lautet die Headline eines von Airbnb aus dieser Woche an die „lieben Besitzer von Boutiquehotels“. Darin wirbt Airbnb offensiv um Hoteliers als Kunden u.a. mit seinen im Vergleich zu Booking und Expedia deutlich niedrigeren Buchungskommissionen und kürzeren Vertragslaufzeiten.

Das ist in der Tonalität neu, inhaltlich aber keine Offenbarung. Zum Beleg verweise ich auf meinen schon vier Jahre alten Blog „Ferienwohnung mittendrin“, wo ich anregte: „Vielleicht bietet sich ja seitens der Hotellerie auch ein testweises Mitmachen auf den Peer-2-Peer-Portalen an, um mit genau dieser Zielgruppe vor Ort ins Gespräch zu kommen und deren Buchungsverhalten zu ergründen?“

Diese Entwicklung ist sicher positiv aus Sicht der Hotellerie. Schließlich hat kaum ein anderer Markt neue Wettbewerbsimpulse so nötig wie der oligopolistische Markt der Online-Buchungsportale mit seinen offensichtlich exorbitanten Renditen. Angesichts der rasanten Konvergenz der Geschäftsmodelle darf man der Nachhaltigkeit des ausgelobten Konkurrenzvorteils allerdings auch weiterhin eine gehörige Portion Skepsis entgegenbringen…

Selbstverständlich stand auch die ITB in der vergangenen Woche unter dem Eindruck der Verkündungen von Airbnb. Nethan Blecharczyk, Mitgründer und Chief Strategy Officer, präsentierte dort persönlich mit reichlich Groupie-Unterstützung die Company-Botschaft: „Das Produkt, das sie heute von Airbnb kennen, wird in Zukunft nur noch die Minderheit unseres Umsatzes ausmachen.“

Die konkreten Produktneuheiten von Airbnb lassen sich in einem fünfsäuligen Mantra der Kategorisierung und Neuausrichtung zusammenfassen:

  1. Superhosts
  2. Superguests
  3. Neue Kategorien und Collections
  4. Airbnb plus
  5. Beyond by Airbnb
     

Zu einem „Superhost“ kürt Airbnb einen Gastgeber, der eine Durchschnittsbewertung von mehr als 4,8 von 5 Punkten aufweist, mehr als zehn Mal pro Jahr Gäste empfängt und niemals storniert. Das würde ich mal als „niederschwellige“ Anforderung charakterisieren: Die Durchschnittsbewertung eines Gastgebers bei Airbnb liegt schließlich systembedingt ohnehin bei 4,5 Punkten und „jede Bruchbude wird bis zur Blödheit gelobt“. Alles super also.

Für das Programm „Airbnb plus“ qualifizieren sich Gastgeber durch „Qualität“, die sich an drei Kriterien bemisst: Sauberkeit, Komfort und durchdachtes Design („Verified for Quality“). Da frage ich mich doch unwillkürlich, wie dann wohl das „Airbnb minus“ - also alle anderen Angebote außer „plus“ aussehen mögen…?

Das Label „Beyond by Airbnb“ soll gezielt um Boutiquehotels angereichert werden, um die „Crème de la Crème“ der Supergäste anzusprechen. *Superlativmodus nun definitiv aus.

Besonders bezeichnend finde ich, wie Airbnb ganz unverhohlen seinen eigenen Community-Markenkern aus Zeiten der „Sharing“ Economy, nämlich den persönlichen Kontakt zum Gastgeber, mal so eben nebenbei abräumt: Für Geschäftsreisende („Work Collection“) qualifizieren sich Airbnb-Angebote unter anderem dann, wenn sie einen Self check-in anbieten. Also die Garantie, dass der Geschäftsreisende beim Eintreffen an seiner Unterkunft definitiv keinen leibhaftigen Gastgeber mehr vorfindet.


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Geschrieben von
Markus Luthe
Dipl.-Volkswirt / Hauptgeschäftsführer
Hotelverband Deutschland (IHA)

luthe@hotellerie.de
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