Ranking Bad
Blogpost von Markus Luthe zu Hotelbewertungen
Hotelbewertungsplattformen kämpfen derzeit um ihren Ruf. Allen voran Branchenprimus TripAdvisor, dessen Online-Reputation jüngst Dellen bekommen hat. Negativer Höhepunkt war sicherlich das Fake-Restaurant „The Shed at Dulwich“, das es in der zweiten Jahreshälfte 2017 als Gartenlaube ohne Koch und Speisenangebot mittels gefälschter Bewertungen sage und schreibe auf Platz 1 aller 18.902 Londoner Restaurants schaffte. Ein blamabler Vertrauensverlust und entsprechender Rechtfertigungsdruck ist die Folge. Die aktuelle Ausgabe 2/2018 der fvw titelt beispielsweise: „Über-bewertet: Bewertungsportale müssen sich neu erfinden.“
Hinzu kommt in jüngster Zeit eine zuvor nicht gekannte Dreistigkeit, mit der Fälscherfirmen ganz offen nun auch aus Deutschland heraus ihre – aus meiner Sicht selbstverständlich illegitimen und illegalen – „Dienste“ anbieten. Das lässt mich eine nennenswerte Größenordnung an Fake-Bewertungen auf den Bewertungsportalen plausibel erscheinen. Als Nachweis werde ich solche Anbieter an dieser Stelle selbstverständlich nicht auch noch verlinken; sollten Sie entsprechend unseriöse Offerten erhalten, können Sie sie uns auch weiterhin zur Weiterleitung an die zuständigen Staatsanwaltschaften gerne mailen.
Unsere erste deutschlandweite Roadshow zu Hotelbewertungen haben wir vor gut zehn Jahren organisiert und für einen offenen, unvoreingenommenen Umgang mit dieser Form des Gästefeedbacks geworben. Wir sahen die Hotelbewertungen vornehmlich als Chance für‘s Qualitätsmanagement und zur Kundenbindung. Heute scheinen sie an Aussagekraft und Nutzen für Gäste und Hoteliers gleichermaßen verloren zu haben. Es fehlt vielfach an Ausgewogenheit und damit auch an Nachvollziehbarkeit der Kritik. Commodity statt Community.
Der Einfluss der Online-Reputation auf die wirtschaftliche Performance des Hotels dagegen ist unverändert hoch. Deshalb bedeuten Erpressungsversuche, Fälschungen und Ungerechtigkeiten rund um die Hotelbewertungen nicht nur ein zwischenmenschliches Ärgernis, sondern auch wirtschaftlichen Schaden.
Die allgemeine Konversion der Geschäftsmodelle der Portalökonomie tut ein Übriges. Die (ehemaligen) Bewertungsportale unterscheiden sich heute nur noch in Nuancen von OTAs oder Metasearchern. Sie sind somit allerdings zu marktmächtigen Konkurrenten in der Online-Distribution geworden. Sie wenden auch den Suchmaschinen zunehmend ähnlichere Methoden der Monetarisierung des Nutzers an.
So können Hotels seit vergangenen Dezember bei TripAdvisor das neue „Sponsored Placements Program“ nutzen, um bei Nutzersuchen nach den besten Hotels unabhängig von den eigenen Hotelbewertungen ganz oben auf dem Bildschirm platziert zu werden. Die eigentliche, hier jetzt aber nur störende Rankingplatzierung wird dann – ganz gentlemanlike – dezent ausgeblendet. Das kann man auf dem Platz an der Sonne ja wohl auch erwarten für 1,96 US-$ pro Klick! Ich nenne das: Ranking Bad.
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