Popcorn nur in Reihenbestuhlung
Blog von Markus Luthe zum Mehrwertsteuerrecht vom 20. August 2009
Dem Bundesfinanzhof gebührt das Verdienst, mit einem aktuellen Urteil (Az.:V R 90/07) einen Klassiker der Mehrwertsteuer-Saga in neu-kolorierter Fassung auf die Wahlkampf-Leinwand gebracht zu haben. Im aktuellen Fall ging es mal wieder um die Frage, wann ein Lebensmittel ein Lebensmittel ist (reduzierter Mehrwertsteuersatz) und ab wann es durch Dienstleistungen so angereichert ist, dass nur noch der volle Mehrwertsteuersatz auf den Magen schlagen darf.
In etwas spröder Juristensprache urteilte jetzt der BFH: „Ein qualitatives Überwiegen der Dienstleistungen setzt über die Aufbereitung von Lebensmitteln hinaus wenigstens ein weiteres Dienstleistungselement – wie z.B. das Zurverfügungstellen von Verzehrmöglichkeiten – voraus.“ Der zum besseren Verständnis einzublendende Untertitel lautet im konkreten Fall: In Kinos zubereitete Speisen wie Popcorn, Nachos oder Hot Dogs unterliegen dem reduzierten Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent.
Die Urteilsbegründung des BFH ist – wie so häufig im Steuerrecht – ein kompliziertes und filigranes Argumentationskonstrukt. Denn danach liefere das Kino lediglich Popcorn, Nachos etc. aus und erbringe keine überwiegenden Dienstleistungen. Insbesondere halte es keine besonderen Vorrichtungen vor, die den Verzehr an Ort und Stelle ermöglichen. Man hat geradezu bildlich vor Augen, wie die Richter wohl einen Praxistest der Verzehrvorrichtungen vorgenommen haben: Zweieinhalb Stunden Ice Age III oder Harry Potter V mit Cola in der einen und Popcorn in der anderen Hand…
Unbeabsichtigt richtet das Urteil zur rechten Zeit einen hellen Scheinwerfer auf die Absurditäten des deutschen Mehrwertsteuerrechts. Bevor nun – Achtung: Ironie ! – Restaurants und Cafés reihenweise zu Reihenbestuhlung, Verdunkelung und Leinwandaufstellung (hier fielen dann aber Urheberrechtsgebühren an, aber das ist ein anderes Thema…) übergehen, muss der reduzierte Mehrwertsteuersatz endlich auch den gastronomischen Betrieben gewährt werden. „FSK 7“ also, damit Dienstleistung in Deutschland nicht länger steuerlich bestraft wird!
Seien Sie daher Ihr eigener Produzent, Regisseur oder Filmstar: Setzen Sie Ihr Thema auf den politischen Spielplan und unterstützen Sie weiterhin tatkräftig die Branchenkampagne „Pro 7 %“!
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