Nachtigall, ick hör dir trapsen!
Blogpost von Markus Luthe zur Bettensteuer
Gestern Abend durfte ich auf Einladung des Oberbürgermeisters Jann Jakobs (SPD) an einem öffentlichen der brandenburgischen Landeshauptstadt Potsdam teilnehmen. Aus meiner Sicht ist ein solches Hearing ein sehr positiver Ansatz, für eine breitere Beteiligung der interessierten Kreise und der Öffentlichkeit zu sorgen und den Rat von Fachleuten auch außerhalb der eigenen Stadt- und Landesgrenzen einzuholen.
Es war eine aus meiner Sicht gelungene Veranstaltung und die Beteiligten vor Ort sollten sicher noch einmal in vertrauterer Runde zusammentreffen, um deutlich bessere Lösungen als die bisher auf dem Tisch liegenden zu erörtern.
Bei den Stadträten kann nach diesem Hearing jedenfalls kein Zweifel mehr bestehen, dass der vorgelegte Entwurf einer Bettensteuersatzung rechtlich weiterhin höchst umstritten ist. Sie würden wider besseres Wissen entscheiden. Eine nachhaltige Refinanzierung des jährlichen Zuschusses der Stadt Potsdam an die Stiftung Preußischer Schlösser und Gärten zur Pflege des Weltkulturerbes des Parks Sanssouci in Höhe von 1 Million Euro kann so jedenfalls nicht sichergestellt werden.
Es wäre auch zutiefst ungerecht, allein die Übernachtungsgäste der Potsdamer Hotellerie zur Parkfinanzierung heranzuziehen, denn laut dwif entfallen 93,8% der Aufenthaltstage auswärtiger Gäste in Potsdam auf Tagesreisende. Auf das Gastgewerbe insgesamt entfallen nur 39,9% der Einnahmen aus dem Tourismus in Potsdam. Freiwillige Lösungen unter Einbeziehung aller Beteiligten liegen als Mittel der Wahl damit auf der Hand.
Ohnehin erschließt es sich mir als Außenstehendem bis heute nicht, warum die Kreise der Nutzer und Zahler des Parkes Sanssouci überhaupt auseinanderfallen sollen? Warum muss der Eintritt in das Weltkulturerbe gegen jede ökonomische Vernunft zwingend kostenfrei sein? Ich habe jedenfalls keine Zweifel an einer erfolgreichen Durchsetzung eines etwaigen Parkeintritts in einer Höhe von nicht einmal 2 Euro bei gleichzeitiger Ausgabe von „Anwohnerparkausweisen“ an Potsdamer Bürgerinnen und Bürger.
Warum setzt die Landeshauptstadt Brandenburgs stattdessen lieber auf das juristische Vabanquespiel einer Potsdamer „Parkeintrittsgebührenverhinderungsabgabe“? Vielleicht weil man mit Spezialsteuern für den Park Sanssouci schon einmal politisch motivierte Steuergeschichte schrieb?
So wurde im Jahr 1844 in Potsdam eine „Nachtigallensteuer“ eingeführt, um das Halten der Singvögel in eben diesen königlichen Gärten einzudämmen. Da man sich ein Fangverbot nicht herantraute, wurde die Vogelhaltung mit 5 Talern, später 2 Talern besteuert. Im Jahr 1897 gab zwar der letzte Vogelfänger sein Gewerbe im Park von Sanssouci auf und die Steuereinnahmen sanken auf Null, doch die so effektive Nachtigallensteuer blieb. Seitdem gilt die Potsdamer Nachtigallensteuer in der Finanzwissenschaft als Paradebeispiel einer Erdrosselungssteuer (!), bei der eine Lenkungswirkung und nicht die Einnahmeerzielung beabsichtigt ist.
Aber dieser Zusammenhang zwischen der Wahl „Tourismusabgabe oder Bettensteuer“ und der verhinderten Parkeintrittsgebühr besteht ja offiziell auch gar nicht (mehr), wie der Kämmerer der Stadt, Burkhard Exner (SPD), am Tag der Anhörung auf einmal via Interview in der Märkischen Allgemeinen Zeitung allen politischen Diskussionen der letzten Monate zum Trotz ernsthaft glaubhaft zu machen versucht. Er spricht von einem lediglich „zeitlichen Zusammenfallen“ der Debatten und „Zeitfenstern“.
Seltsam nur, dass die den Experten und Bürgern über die Hearing-Webseite zur Beratung zur Verfügung gestellten Dokumente ausdrücklich ein „Positionspapier ‚Sanssouci-Abgabe‘ im Auftrag des Vorstandes der SPD Stadtfraktion“ beinhalteten... Mit solchen nur zu leicht durchschaubaren juristischen Klimm- und Winkelzügen wird jedenfalls das allseits angemahnte Vertrauen in die Handelnden keinesfalls gefördert.
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