Matratzenauflage
Blogpost von Markus Luthe zur "Sharing" Economy
Nicht nur auf der diesjährigen ITB war die „Sharing“ Economy das dominierende Thema. Auch danach durfte ich dazu noch diverse Male an Podiumsdiskussionen – vorzugsweise mit Uber-Repräsentanten, wohl des vermuteten Unterhaltungswertes wegen – teilnehmen. Die vorerst letzte solcher Runden brachte mich bei den VIR-Innovationstagen u.a. mit Uber Deutschland Sprecher Fabien Nestmann und Gerd Billen, Staatssekretär im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, auf einer Bühne zusammen.
Dabei hatte Staatssekretär Billen das Überraschungsmoment mit seinem Einführungsstatement gleich auf seiner Seite, als er stolz verkündete, seine letzten fünf (!) Urlaube allesamt über Airbnb gebucht zu haben.
Wow, was für eine Ansage zum Einstieg: Der für Verbraucherschutz in Deutschland zuständige Staatssekretär erklärt, dass er privat gerne auf jedweden Verbraucherschutz verzichtet. Vermutlich wohl auch der Kosten wegen. Dabei vertritt Herr Billen das Haus, das wie zuletzt bei der Revision der EU-Pauschalreiserichtlinie keine Gelegenheit auslässt, den Hotels die Messlatte verbraucherschutzrechtlicher Auflagen immer höher zu legen.
Einmal mehr wurde deutlich, wie hier von den politisch Verantwortlichen mit zweierlei Maß (oder soll ich „Maas“ schreiben?) gemessen wird: Während die Hotellerie mit der neuen Muster-Versammlungsstättenverordnung (MVStättV) beim Brandschutz den dritten unabhängigen Rettungsweg vorgeschrieben bekommen hat, schert sich niemand darum, wenn bei einer Airbnb-Vermietung der einzige Rettungsweg durch ein im Hausflur stehendes Fahrrad bei ohnehin nicht vorhandener Notfall-Beleuchtung versperrt wird. Während die Hotellerie nach der neuen Muster-Beherbergungsstättenverordnung (MBeVO) nun zehn Prozent ihrer Zimmerkapazität barrierefrei bauen muss, kommt Airbnb ohne jedwede Auflage und somit auch bezüglich der Barrierefreiheit aus, obwohl sich die Gesellschaft aufgrund ihrer Marktkapitalisierung ansonsten schon länger nur allzu gern auf Augenhöhe mit Hotelketten wie Hyatt wähnt.
Das Verbraucherbild der Politik muss nachjustiert werden: Sie kann bei den tradierten Branchen der „Old Economy“ nicht weiterhin vom Leitbild des unaufgeklärten und maximal schutzbedürftigen Verbraucher ausgehen, während sie bei der „Sharing Economy“ implizit von einem besonders cleveren und smarten Verbrauchertypus ausgeht, der dank der Bewertungen auf seinem Smartphone schon alleine in der Lage sein soll, Risiken angemessen zu beurteilen und einzugehen. Das passt nicht zusammen und unser Rechtssystem hält das auf Dauer auch nicht aus.
Und alles, was Staatssekretär Billen mir hierauf zu entgegnen wusste, war der Satz: „Sie werden als Hotellerie kein Monopol für die Unterbringung von Gästen erhalten!“ Billig, als wenn es darum gehen würde.
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