Justitia 0.0
Blog von Markus Luthe zur Rechtspflege vom 22. April 2010
Seit römischer Zeit wird Justizia, die Göttin der Gerechtigkeit und des Rechtswesens, mit einer Waage in der einen und einem Schwert in der anderen Hand abgebildet. Ein Laptop wird aber wohl auf „absehbare“ Zeit nicht zu den Insignien und Instrumenten der Dame mit den erst seit jüngerer Zeit verbundenen Augen zählen.
Denn wie der Dienstgerichtshof für Richter am Oberlandesgericht Hamm jetzt in zweiter Instanz einstimmig (!) geurteilt hat, könne ein Richter nicht gezwungen werden, für seine Tätigkeit einen ihm vom Gericht zur Verfügung gestellten Computer auch zu nutzen. Dies stelle einen Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit dar (Az.: 1 DGH 2/08).Gegenstand des Rechtsstreits ist ein Amtsrichter aus Bochum, der sich beharrlich weigert, einen Rechner für seine Arbeit am Handelsregister zu nutzen. Stattdessen lässt er sich von Justizangestellten sämtliche Akten vor dem Bearbeiten ausdrucken. Selbst den Vorschlag der Justizverwaltung, er möge wenigstens eigenhändig auf den Druckbefehl klicken, hält der Robenträger für unzumutbar. Das sei eine „typische Hilfstätigkeit“, die einem Richter nicht abverlangt werden könne. Recht so, urteilten seine Kollegen des Dienstgerichtshofes und erkannten auf einen Verstoß gegen das Grundgesetz.
Seit dem 1. Januar 2007 sind Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften ohne beschränkt haftende natürliche Personen im Gesellschafterkreis durch das Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister (EHUG) verpflichtet, ihre Jahresabschlüsse elektronisch beim elektronischen Bundesanzeiger zu veröffentlichen. Bei Nichterfüllung drohen den Unternehmen (!) Ordnungsgelder in Höhe von 2.500 bis 25.000 Euro. Der Gesetzgeber wollte das papierlose Unternehmensregister und ein Beschleunigung von Unternehmensgründungen erreichen…
Der klagende Registerrichter hält dem Gesetzgeber seine Auffassung entgegen, die Prüfung von Gesellschaftsverträgen oder Gesellschafterbeschlüssen sei am Computerbildschirm „ausgesprochen schwierig“ und er dadurch einem zu hohen Haftungsrisiko ausgesetzt. Diese Argumentation sahen seine Richterkollegen ein: „Die Zulässigkeit, der Richterschaft eine neue Technik zur Verfügung zu stellen, führt nicht dazu, dass der Richter auch ausnahmslos verpflichtet ist, diese Technik tatsächlich zur Anwendung zu bringen.“
Das Bundesland Nordrhein-Westfalen hat gegen die Entscheidung Revision eingelegt, der Bundesgerichtshof wird Justizia online gehen lassen müssen...
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