Gatekeeper, Green Claims und Kraneburger
Blogpost von Markus Luthe zur Europawahl 2024

Heute in einer Woche haben wir die Wahl, die Europawahl.
Und ich mache mir große Sorgen, dass eine geringe Wahlbeteiligung zu einer Destabilisierung der demokratischen Institutionen Europas führen könnte. Auch die Umfragen deuten weiter auf erhebliche Zugewinne populistischer und extremistischer Parteien hin, die äußersten Rechten könnten gar die stärkste Fraktion im Europaparlament stellen. Das Vertrauen darauf, dass diese Gruppierungen in der Regel untereinander so zerstritten sind, dass sie eine Fraktionsbildung schon nicht schaffen werden, ist mir als Brandmauer zu löchrig.
Ausgerechnet jetzt, wo sich das Europäische Parlament im Kräftespiel der europäischen Institutionen über die Jahre einiges an Gewicht erobert hat, droht hier der parlamentarische Infarkt, Stillstand und Blockade…
Das wird definitiv keine Europawahl wie viele zuvor! DEHOGA und IHA haben sich deshalb in ihren „Positionen des Gastgewerbes zur Europawahl 2024“ diesmal darauf fokussiert, Themen aufzugreifen, die die zu wählenden (Neu-) Parlamentarier gleich nach Antritt ihres Mandats konkret zu entscheiden haben. Nun liegen die Antworten der Parteien vor.
Zentrale Erfolge der europäischen Institutionen waren in der auslaufenden Legislaturperiode sicherlich die Verabschiedung umfassender Gesetzeswerke, die dominanten Internetportalen besondere Verantwortung für die Aufrechterhaltung der Informationsfreiheit und des Wettbewerbs auferlegten. Der Digital Services Act (DSA) und der Digital Markets Act (DMA) müssen nun aber auch konsequent umgesetzt und ihre Auswirkungen im Auge behalten werden. Das scheinen alle antwortenden Parteien erfreulicherweise so auch auf ihrem Schirm zu haben. Am konkretesten antworteten hier CDU/CSU, die die Sichtbarkeit der direkten Hotel- und Unterkunftswebseiten im Vergleich zu der von Online-Buchungsplattformen beim Gatekeeper Google nicht verschlechtert sehen wollen.
Bei der Umsetzung des Green Deals in der Europäischen Union und dem Erreichen der Klimaneutralität kommt Umweltzertifikaten eine Schlüsselrolle für die Kommunikation innerhalb der Wirtschaft, aber vor allem auch zum Verbraucher zu. Hier besteht die Gefahr, dass mit den höheren Anforderungen der Green Claims Richtlinie auch die Kosten dermaßen steigen, dass Nachhaltigkeitslabel für kleine und mittlere Unternehmen unerreichbar werden. Das haben alle antwortenden Parteien auch so erkannt. Die große Bedeutung der Zugänglichkeit der Umweltzertifikate für KMU findet sich expressis verbis in der Antwort der FDP, die Partei „Die Linke“ spricht sich für spezielle KMU-Unterstützungsprogramme aus.
Bei der Verabschiedung der EU-Trinkwasserrichtlinie und jüngst bei der EU-Verpackungsverordnung gab es im Parlament starke und zahlreiche Stimmen, die eine gesetzliche Verpflichtung für Gastronomen aufnehmen wollten, Leitungswasser Gästen kostenfrei (oder gegen eine geringe Servicegebühr) abzugeben. Was für ein unverhältnismäßiger Eingriff in die unternehmerische Freiheit!
Und wie positionieren sich die Parteien zum Kraneburger für lau? CDU/CSU sehen eine verpflichtende kostenlose Bereitstellung skeptisch, die FDP lehnt sie glasklar ab. SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke sprechen sich dafür aus und offenbaren damit nicht nur ein wirtschaftsfernes Mindset. Die Antworten dieser drei Parteien enthalten auch – von mir als oberlehrerhaft empfundene – Hinweise auf andere Länder und Kulturen und was aus ihrer Parteiensicht guten Service und Gastfreundschaft ausmacht.
Sie haben die Wahl!
Nicht zur Wahl zu gehen, ist keine nachhaltige Option.
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