Einklassenschiff
Blog von Markus Luthe zur Parteienpolitik
Die „Alte Dame SPD“ sticht also wieder in See. Nachdem ihr das Kreuzfahrtabenteuer auf der MS Daphne einen Verlust von rund 1,8 Millionen Euro in die Parteikasse spülte, heuern die Sozialdemokraten nach Recherchen der über ihr parteieigenes Tochterunternehmen erneut auf hoher See an, diesmal bei der MS Azores.
Wie die SPD, hat auch die MS Azores eine bewegte Vergangenheit: Das Passagierschiff lief 1946 unter dem Namen MS Stockholm vom Stapel und ist damit – kein Seemansgarn! – das am längsten im Dienst befindliche Transatlantik-Schiff der Welt. Am 25. Juli 1956 kollidierte die Stockholm in dichtem Nebel vor New York mittschiffs mit dem italienischen Luxusliner Andrea Doria. Bei der Tragödie starben auf der Andrea Doria 46 von 1.706 Passagieren, auf der Stockholm gab es fünf Todesopfer.
Am 3. Januar 1960 wurde das Schiff von der DDR gekauft, zu einem Einklassenschiff (selbstverständlich!) umgebaut und in MS Völkerfreundschaft umbenannt. Der FDGB führte mit dem Schiff Urlaubsfahrten für verdiente Werktätige und Parteikader durch. Während der Kubakrise im Oktober 1962 durchfuhr das mit Urlaubern besetzte Schiff die amerikanische Blockadelinie um Kuba und stieß nach Havanna durch.
Der Stern der Völkerfreundschaft sank 1985 im real existierenden Sozialismus. Im Jahr 1986 wurde das damals bereits vierzig Jahre alte Schiff unter dem Namen MS Fridtjof Nansen in Oslo als Unterkunft für Asylbewerber vertäut. Nach mehreren Reederei-Wechseln wird das Schiff seit 2013 nun unter portugiesischer Flagge geführt.
Insgesamt trug die MS Azores bereits elf Namen: Stockholm (1946-60), Völkerfreundschaft (1960-85), Volker (1985-96), Fridtjof Nansen (1986-89), Surriento (1989-92), Italia I (1993), Italia Prima (1993-2000), Valtur Prima (2000-03), Caribe (2003-05), Athena (2003-12) und Azores (seit 2013).
Nun möchte also die SPD mit den Vertriebsrechten ausgerechnet an diesem Schiff kreuzglücklich werden. Mir kommt bei solchen Wendemanövern mein Blog „Blinder Passagier“ vom 30.09.2011 wieder in Erinnerung. Ahoi – willkommen an Bord!
Blog von Markus Luthe zur Mehrwertsteuer vom 30. September 2011 Seit 1984 unterliegt die Beförderung von Personen mit Schiffen in Deutschland dem reduzierten Mehrwertsteuersatz, allerdings stets nur befristet. Verlängert die Bundesregierung die zum 31. Dezember 2011 auslaufende Regelung nicht erneut, erleiden Kreuzfahrten an Rhein, Mosel und Donau im nächsten Jahr einen massiven Wettbewerbsnachteil. Es ist daher richtig und wichtig, dass die Kollegen vom Deutschen ReiseVerband vor finanziellem Schaden für mittelständische Anbieter warnen. Wie aber die SPD-Bundestagsfraktion zu diesem Thema ihr Fähnchen in den Wind dreht, klingt schon fast wie Seemannsgarn. So veröffentlichte sie gestern eine Pressemitteilung, in der sie sich für den Fortbestand des reduzierten Mehrwertsteuersatzes für die Personenschifffahrt einsetzt. Zitat: „Sie befinden sich in einem Wettbewerb mit den europäischen Nachbarn - und die haben teils deutlich niedrigere Mehrwertsteuersätze für die Personenschifffahrt. Dies gefährdet die touristische Entwicklung und Arbeitsplätze in Deutschland. So herrscht in Dänemark sogar eine Steuerbefreiung. In Luxemburg, Frankreich, Belgien und den Niederlanden liegt die Mehrwertsteuer für diesen Bereich zwischen drei und sechs Prozent.“
SPD und Kreuzfahrt - da war doch was? Richtig: Erst vor zwei Monaten hat SPD-Schatzmeisterin Barbara Hendricks den Einstieg der Partei ausgerechnet in das Kreuzfahrtgeschäft verkündet. Markus Luthe am 30.09.2011
Kommentare zu diesem BlogeintragKommentar schreibenMittwoch, 18. Juli 2012 11:54 Kommentar:Ganz aktuell die Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Hartmut Koschyk zur schriftlichen Anfrage der SPD-Abgeordneten Sabine Bätzing-Lichtenthäler zur Verlängerung oder Entfristung der bis Ende 2011 geltenden ermäßigten Besteuerung der Personenbeförderung mit Schiffen nach § 12 Absatz 2 Nummer 10a des Umsatzsteuergesetzes:
Mittwoch, 18. Juli 2012 11:55 Kommentar:Der Bundesrat hat auf seiner Plenarsitzung am 25.11.2011 auf Antrag der SPD-geführten Landesregierung von Rheinland-Pfalz beschlossen, sich für die Verlängerung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes für Personenbeförderung auf Schiffen über den 31. Dezember 2011 hinaus bis zum Ende 2013 einzusetzen (siehe hierzu auch die IHA-Pressemitteilung 2011/25 vom 25.11.2011 und den Focus-Artikel "Auf großer Vorteilsfahrt" in der Ausgabe 48/2011).
Mittwoch, 18. Juli 2012 11:56 Kommentar:Dr. Barbara Hendricks, Schatzmeisterin der SPD, hat dem Focus (Ausgabe 49/2011, Seite 86 f.) einen Leserbrief geschrieben, in dem sie unsere Kritik an ihrer Partei inhaltlich voll bestätigt ("Alles für die Binnenschiffer"):
Mittwoch, 26. März 2014 15:27 Kommentar:Kreuzfahrer...:http://www.hotellerie.de/go/spd-versenkte-1-7-mio-mit-kreuzfahrt-schiff
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