Deutschland - Das Reiseland
Blogpost von Otto Lindner zum Deutschlandtourismus
Mein Amtsvorgänger Fritz G. Dreesen berichtete einmal anekdotenhaft aus einem Hintergrundgespräch mit dem seinerzeitigen Bundeskanzler Gerhard Schröder die folgende Begebenheit: Nachdem schon eine Weile über die aus unserer Sicht unzureichende Finanzierung der DZT gesprochen worden sei, habe er – eher aus Versehen – statt der uns geläufigen Abkürzung mit „Deutsche Zentrale für Tourismus“ die Langfassung des Namens verwendet. Der Bundeskanzler habe daraufhin erleichtert aufgeatmet und gesagt: "Endlich erklärt mir mal einer, was ‚DZT‘ eigentlich heißt. Darunter kann sich doch keiner was vorstellen. Warum heißt das nicht ‚Deutschlandtourismus‘? Und überhaupt: Was sagen Sie? Wie groß ist deren Budget? 25 Millionen? Das nehme ich Ihnen nicht ab.“ Zu seiner Begleitperson gewandt folgte noch ein: „Schreiben Sie mal auf, dass das viel zu wenig ist für die Vermarktung Deutschlands!“
Passiert ist seitdem politisch dennoch nicht viel. Das aus Mitteln des Bundeswirtschaftsministeriums wurde zwar regelmäßig um den Inflationsausgleich nach oben angepasst, mehr aber auch nicht. Vermutlich ist auch das den Tourismuspolitikern im Bund in Zeiten des Regimes der „Schwarzen Null“ schon hoch anzurechnen. Im Ernst. Und schließlich machen die Frankfurter Marketingprofis aus den gegebenen Mitteln auch das Beste, nämlich einen exzellenten Job. Der Incomingtourismus boomte überproportional in den letzten Jahren und war die Lokomotive des gesamten Deutschlandtourismus.
Land | Budget (in Mio. Euro) |
---|---|
Deutschland | 38,7 |
Frankreich | 100,4 |
Großbritannien | 63,3 |
Schweiz | 55,1 |
Spanien | 71,2 |
Österreich | 50,0 |
Und ausgerechnet in dieser Situation, wo sich auch für den deutschen Incomingtourismus in Zeiten des Terrors und der Krisen die konjunkturellen Vorzeichen einzutrüben beginnen, zettelt der Bundesrechnungshof eine Grundsatzdebatte über die Finanzierung der DZT an – und die Politik schweigt verdächtig und taucht ab. Der Bundesrechnungshof kritisiert in seiner aktuellen Unterrichtung der Bundesregierung, dass das BMWi 30,5 Mio. Euro des 38,7 Mio. Euro umfassenden Jahresetats der DZT finanziere. Der Bundesrechnungshof erwartet vom BMWi ein neues Finanzierungskonzept für die DZT, in dem insbesondere die Mitgliedsbeiträge der Tourismusbranche deutlich steigen sollen, damit der Bund sein finanzielles Engagement entsprechend reduzieren könne.
Nach Lesart des Bundesrechnungshofs beteilige sich die Tourismusbranche nur mit 2,5 % an der Finanzierung der DZT; gemeint ist offensichtlich nur der Anteil an der Grundfinanzierung. Rechnet man jedoch die projektbezogene Beteiligung von hunderten touristischer Unternehmen an den weltweiten Marketing- und Vertriebsmaßnahmen der DZT in Höhe von 7,5 Mio. Euro dazu, kommt man schon auf ganz andere Größenordnungen. Diese Einnahmen – z.B. aus Reihen der Hotellerie – konnte die DZT übrigens in den letzten vier Jahren um 23,6 % steigern. Für mich sind die Zahlenspiele des Bundesrechnungshofs daher auch ein Stück weit tendenziös.
Gerade die Grundfinanzierung ist eine öffentliche Aufgabe bei der Kleinteiligkeit der Strukturen des Deutschlandtourismus – und sie zahlt sich sowohl für die Allgemeinheit als auch den Fiskus in Jobs, Investitionen, Image, Entwicklung ansonsten strukturschwacher Regionen und nicht zuletzt Steuereinnahmen aus.
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