Das kleine 1*1 des Schrotts
Blog von Markus Luthe zur Umweltprämie vom 16. Mai 2009
Trotzig verteidigt die Große Koalition, was nicht zu verteidigen ist, und attestiert der Abwrackprämie „volkswirtschaftlichen Nutzen“. So verkündete es jüngst per Pressemitteilung die wirtschaftspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, MdB Ute Berg. Die Prämie sichere etwa 200.000 Arbeitsplätze in der Automobilindustrie (Anm. des Verf.: von 750.000 insgesamt…), die ohne sie weggefallen wären. Einkommensteuer- und Sozialversicherungseffekte und Mehrwertsteuereinnahmen werden auf insgesamt 3,5 Mrd. Euro hochgerechnet, um Kritik verstummen zu lassen.
Diese interessengeleiteten Rechenkünste greifen nicht und haben mit Volkswirtschaftslehre wenig zu tun, schon eher mit fiskalischem Wunschdenken. Neben aller grundsätzlichen Kritik (vgl. unsere Blogs „Manta Manta“ vom 17. November 2008 und „Abwrackpolitik“ vom 26. März 2009) darf der massive Kaufkraftentzug aus anderen Wirtschaftssektoren nicht ausgeblendet werden: Wer die 2.500 Euro Abwrackprämie erhalten will, muss schon für einen kleinen Neuwagen den vier- bis fünffachen Betrag aus eigener Kasse noch oben drauf legen. Werden die bereitgestellten 5 Mrd. Euro Umweltprämie in diesem Jahr also vollumfänglich abgerufen, werden sie von 20 bis 25 Mrd. Euro privaten Mitteln begleitet abfließen.
Sollte dies alles ohnehin geplanter „Autokonsum“ des Jahres 2009 gewesen sein, so stellte die Abwrackprämie nichts anderes als einen gigantischen Mitnahmeeffekt dar. In Wahrheit dürfte der Großteil aber vorgezogene Kfz-Ausgaben kommender Jahre sein. Dieser Betrag in einer Größenordnung des Jahresumsatzes der gesamten deutschen Hotellerie steht damit für andere Konsumausgaben in diesem Jahr und Folgejahren nicht mehr zur Verfügung. Die Ankurbelung der weltweiten Automobilindustrie geht also massiv zu Lasten des Umsatzes langlebiger Konsumgüter, des Tourismus und der Hotellerie.
Das ist schreiend ungerecht und volkswirtschaftlich verfehlt! Und im Übrigen gilt: Ein heute nicht verkaufter Kleinwagen könnte auch in sechs oder zwölf Monaten noch an den Mann gebracht werden – ein Hotelzimmer nicht.
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