citius – altius – carius?
Blog von Markus Luthe zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk vom 17. August 2012
Nachdem das deutsche Olympia-Team wieder wohlbehalten heimische Gefilde erreicht hat, ist es an der Zeit Bilanz zu ziehen. Nein, ich meine nicht den sportlichen oder sportpolitischen Rückblick, sondern diesmal den medienpolitischen. Denn nachdem ARD und ZDF schon in Beijing 2008 in der „Ausgaben“-Disziplin absolut goldverdächtig agierten, ist es schon lohnend nachzuschauen, ob sich die Öffentlich-rechtlichen diesmal kostenbewusster präsentierten.
In Beijing 2008 galt offenbar auch für die Medienvertreter der olympische Spruch des : ARD und ZDF entsandten damals insgesamt 500 Techniker und Reporter in ihre – selbstverständlich getrennten ! – Teams, während die britische BBC mit 437, die italienische RAI mit 254 und France Télévision gar mit nur 160 Mitarbeitern vor Ort auskamen. Dabei übertrug die BBC schon aus der chinesischen Hauptstadt drei Mal so viele olympische Sendeminuten wie ARD und ZDF auf all ihren Kanälen zusammen.
In London 2012 lief die britische BBC als Gastgeber diesmal gleichsam außer Konkurrenz, aber werfen wir doch einen Blick auf die französische Équipe, die im olympischen Medaillenspiegel derzeit – für die Auswertung der Dopingproben hat das IOC ja noch acht Jahre Zeit… – nur knapp hinter Deutschland liegt.
Nach Berechnungen des Handelsblattes (Artikel "Ein Wasserkopf auf Reisen", Nr. 157 vom 15.08.2012, S. 25) entsandten die drei Sender von France Télévision 280 Mitarbeiter nach London, die mit einem Produktionsbudget von 10 Mio. € insgesamt 300 Stunden Sendezeit produzierten. Da rangieren die deutschen Sender im Effizienzspiegel nur „unter ferner liefen“: 480 Mitarbeiter von ARD und ZDF waren in der britischen Hauptstadt im Einsatz, die für 20 Mio. € Kosten 245 Stunden Sendezeit auf die deutschen Bildschirme brachten.
In einem Leserbrief kritisiert der NDR heute den fehlenden Sportsgeist der Kollegen des Printmediums und ruft gleichsam nach dem in London so populär gewordenen Videobeweis: Die Journalisten vom Handelsblatt hätten Kommentatoren und Reporter einfach in die gleiche Waagschale geworfen. Ich denke, das spricht für sich und da muss man für ein gerechtes Gesamturteil nicht die zusätzliche Weitenmessung von Hand vornehmen...
Das offizielle Motto der Olympischen Bewegung lautet citius – altius – fortius (Latein für „schneller, höher, stärker“). Die öffentlich-rechtlichen Sender aus Deutschland beherrschen dagegen ihre Disziplinen immer noch ungenügend. Für sie scheint noch immer citius – altius – carius („schneller, höher, teurer“) die Devise zu sein.
Diese „Sportförderung“ – oder ist es Förderung durch Sport? – ohne jedwede Zielvereinbarung geht alle Rundfunkgebührenzahler und zukünftige Rundfunkbeitragsentrichter an. Die Hotellerie aber besonders, denn auch nach der Reform der Rundfunkfinanzierung leistet die Branche ab 2013 ein systemwidriges Sonderfinanzierungsopfer: Sie entrichtet schließlich nicht nur wie alle Unternehmen in Deutschland auch ihren Finanzierungsbeitrag je Mitarbeiter, sie zahlt auch noch ein zusätzliches Startgeld je Zimmer.
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