Augen zu und durch?
Blog von Markus Luthe zu Anti-Diskriminierungsrichtlinien vom 18. Juli 2008
Nach Medienberichten hat die Verwaltung des Flughafens der britischen Insel St. Mary’s vor der Südwestküste Englands bei der Suche nach einem Fluglotsen die Bewerbungsunterlagen auch in Blindenschrift, in Großbuchstaben und als Audiodatei veröffentlicht. Gleichzeitig wird auf der Website des Flughafens darauf hingewiesen, dass ein Fluglotse dort sehr gute Augen brauche. Ein Sprecher des Airports erklärte, der Hinweis auf die Bewerbungsunterlagen für Blinde werde standardmäßig bei sämtlichen Stellenausschreibungen, egal für welchen Posten, angeführt, um Diskriminierungsvorwürfen vorzubeugen…
Die Auswirkungen der Anti-Diskriminierungsrichtlinien in Europa treiben mitunter seltsame Blüten – und alle Personalverantwortlichen um. Sie erweisen sich zunehmend vor allem als Beschäftigungsgarantie für Anwälte, denn eine Stelle rechtssicher auszuschreiben und zu besetzen, ist zu einer unternehmerischen Herausforderung geworden. Die hierin liegenden Risiken hat der Europäische Gerichtshof mit einem in der vergangenen Woche veröffentlichten Urteil (C-54/07) noch einmal erhöht. Das oberste europäische Gericht verurteilte öffentliche, diskriminierende Äußerungen des Direktors eines belgischen, auf den Einbau von Garagentoren spezialisierten Unternehmens, obwohl es an einer diskriminierten Person mangelte. Der Urteilstenor des EuGH: „Aus dem Fehlen einer identifizierbaren beschwerten Person kann nicht auf das Fehlen einer unmittelbaren Diskriminierung geschlossen werden.“
Die zugrunde liegenden Anti-Diskriminierungsrichtlinien will die Europäische Kommission mit einer „Neuen Sozialagenda“ nun gar noch weiter verschärfen und auf alle Lebensbereiche auch außerhalb von Beruf und Beschäftigung ausdehnen. Die bisher geltenden EU-Richtlinien sehen ohnehin schon ein Verbot der Diskriminierung aufgrund der Rasse, der ethnischen Herkunft oder des Geschlechtes vor. Am Arbeitsplatz ist die Diskriminierung aufgrund des Alters, einer Behinderung, der sexuellen Identität oder der Religion bereits europaweit verboten. In Deutschland hat die Große Koalition im Jahr 2006 mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ohnehin schon auf die Vorgaben des Europarechts „draufgesattelt" und auch für so genannte Massengeschäfte (z. B. für Unterkunft im Hotel, Bewirtung im Restaurant oder den Einkauf beim Einzelhandel) derartige Diskriminierungen verboten.
Soll auch der neuerliche Vorstoß aus Brüssel wieder nach dem Prinzip „Augen zu und durch“ umgesetzt werden?
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