"Royal Concierge"

Markus Luthe / 18.11 2013

icon min Lesezeit

icon 0 Kommentare

Zurück

 

Blog von Markus Luthe zur Datensicherheit

Im September 1989 konnte ich als Student an einer politischen Studienreise über die innerdeutsche Grenze nach Erfurt und Dresden teilnehmen. Natürlich nahmen wir dort auch konspirativ Kontakt zu kirchlichen Oppositionskreisen auf. Wir fühlten uns dabei ebenso clever wie wichtig — und brachten ungewollt doch nur unsere Gesprächspartner in ernste Bedrängnis. Denn noch bevor unser Bus nach einer Woche wieder den Grenzübergang Herleshausen erreichte, waren unsere Freunde schon im Visier der Staatssicherheit. Ein Segen, dass nicht einmal zwei Monate später der Spuk mit dem Fall der Mauer zu Ende war.

Unser Abhörverdacht fiel im Nachhinein schnell auf das Interhotel, in das unsere studentische Reisegruppe in Dresden ad hoc upgegradet worden war. Jahre später als Verbandsgeschäftsführer erhielt ich dann von vielen Hoteldirektoren aus den neuen Bundesländern die Bestätigung, dass Abhöranlagen in DDR-Hotels die Regel und nicht die Ausnahme gewesen waren. In unserem damaligen Dresdener Hotel waren sie übrigens in dem überdimensionierten Nachttisch am Bett eingebaut gewesen.

24 Jahre später wartet nun der gestützt auf Unterlagen des NSA-Whistleblowers Edward Snowden mit der Enthüllung auf, dass der britische Geheimdienst GCHQ gezielt die Buchungssysteme von weltweit mehr als 350 Hotels, die häufig Diplomaten und Regierungsdelegationen beherbergen, anzapfe. Der zynische Name des Schnüffelprogramms laute ausgerechnet „Royal Concierge“…

Danach werteten die Analysten des GCHQ systematisch die Hotelreservierungen und damit die Reisepläne ihrer Zielpersonen aus und ermöglichten so den „technischen Abteilungen“ der britischen Geheimdienste, Gäste auf ihren Hotelzimmern abzuschöpfen. Sie würden dazu gezielt die Computer der Gäste anzapfen und die Zimmertelefone als Mikrophone instrumentalisieren.

Ich habe mir jedenfalls einen so massiven Einbruch in die Privatsphäre von Hotelgästen durch einen befreundeten, demokratischen Staat bis zum heutigen Tag nicht vorstellen können und wollen. Wer weiß, welche Überraschungen und Details aus dieser Quelle in den nächsten Wochen noch zutage treten werden...?

Und das scheint nicht der einzige aktuelle und bisher unvorstellbare Übergriff auf die Privatsphäre von Hotelgästen zu sein: Der staatliche russische Fernsehsender Rossiya24 berichtet jedenfalls über chinesische Bügeleisen und Wasserkocher, die verdeckt so genannte „Rogue Chips“ enthielten, die WLAN-Systeme in einer Umgebung bis zu 200 m mit Malware und Spionage-Software verseuchten. Die günstigen Elektrogeräte seien mit Bedacht für die Spionage-Attacken gewählt, da sie vielfach in Hotelzimmern eingesetzt würden und so die häufig nur unzureichend gesicherten WLAN-Netzwerke für Hotelgäste infizieren könnten…

 


0 Kommentare
Geschrieben von
Markus Luthe
Dipl.-Volkswirt / Hauptgeschäftsführer
Hotelverband Deutschland (IHA)

luthe@hotellerie.de
Sei der erste der kommentiert

Kommentar hinzufügen

×
Name ist erforderlich!
Geben Sie einen gültigen Namen ein
Gültige E-Mail ist erforderlich!
Gib eine gültige E-Mail Adresse ein
Kommentar ist erforderlich!

* Diese Felder sind erforderlich.

Weitere
11.11.2025 von Markus Luthe
Unerhört
© DBT / Julia Nowak/ JUNOPHOTO

Der Tourismusausschuss des Deutschen Bundestags führt am morgigen Mittwoch eine öffentliche Anhörung „Plattformen der Ferienwohnungsökonomie und die Umsetzung der EU-Verordnung zur Kurzzeitvermietung 2024/1028” durch. Auf Vorschlag der Bundestagsfraktionen wurden vier Sachverständige ins Marie-Elisabeth-Lüders-Haus eingeladen. Zwei Wissenschaftler*innen, eine Vertreterin des Deutschen Ferienhausverbandes und eine Unternehmenssprecherin von Airbnb werden den Ausschussmitgliedern für ihre Fragen zur Verfügung stehen. Die vorab eingereichten Stellungnahmen der New Economics Foundation, von Airbnb und Ferienhausverband wurden auf der Website des Tourismusausschusses im Vorfeld hochgeladen. Auch wir haben unaufgefordert eine Stellungnahme für die Hotellerie eingereicht. Da sie jedenfalls bislang noch nicht auf der Internetseite des Bundestages verfügbar gemacht wurde, stellen wir sie hier zum Download barrierefrei zur Verfügung.

25.08.2025 von Markus Luthe
About Short Stay and Short Pay

Aufgrund einer Vereinbarung der europäischen Statistikbehörde Eurostat mit Airbnb, Booking und Expedia (bis Ende 2024 auch Tripadvisor) schließt sich langsam die Informationslücke über Kurzzeitvermietungen von Ferienhäusern, Wohnungen und Zimmer in ansonsten privaten Gebäuden. Diese Daten werden von bestehenden Tourismusregistern nicht erfasst. Für den Zeitraum ab 2021 stehen nun europaweit die Übernachtungsdaten zur Verfügung und sie belegen: Kurzzeitvermietung (Short-Term Rental, STR) über Online-Vermittlungsplattformen boomt.

16.04.2025 von Markus Luthe
Ton ab?

Es ist zugegebenermaßen ein nur mäßig beschallter Nebenschauplatz. Aber weil auch der schnell prohibitiv teuer werden kann, kümmern wir uns im Hotelverband gerade intensiv mit der zukünftigen Vergabe von Frequenzen aus dem sogenannten Ultrahochfrequenz-Band (UHF). Das Thema mag weder für die breite Öffentlichkeit noch für Hospitality Professionals eine Herzensangelegenheit sein, doch es illustriert ganz gut unser Verständnis von Verbandsarbeit für die Branche. Und deshalb schalte ich hier mal „den Ton an“.