Überbrückung
Blogpost von Otto Lindner und Markus Luthe zur Corona-Krise
Morgen wird’s verkündet und Ende dieser Woche soll‘s dann so weit sein. Dann kann der auserwählte, kleinere Teil der Hotellerie endlich seine Steuerberater ins Rennen um die mehrfach gedeckelte Überbrückungshilfe für kleine und mittelständische Unternehmen entsenden. Er sollte sich auch sputen und nicht bis zur Deadline am 31. August warten, denn es gilt das Prinzip „first come, first served“. Sonst sind auch die maxi-maximal 150.000 Euro nicht vom Grunde der staatlichen Schatztruhe zu heben.
Für den angezählten, größeren Teil der Hotellerie wird es morgen leider keinen Brückenschlag geben. Diese Hotels schauen vielmehr in den Abgrund, denn sie sind vermeintlich zu groß, aufgespalten in Besitz- und Betriebsgesellschaft oder sie haben das Pech, mit Schwesterhotels verbunden zu sein, und so jenseits der KMU-Schwellen zu liegen.
Die Bundesregierung baut nicht allen Hotels in Deutschland eine Behelfsbrücke in die Post-Corona-Zeit, sondern sie selektiert – und spielt damit Schicksal. Denn es ist und bleibt inakzeptabel und unfair, die Überbrückungshilfe nicht pro Betriebsstätte zu gewähren!
Die betroffenen Hotelunternehmen werden von der Politik pauschal an den allein heilsbringenden Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) verwiesen – oder sollen wir sagen abgewiesen? Denn auch im vierten Monat nach dem Lockdown können Anträge zum WSF laut Website des zuständigen Bundeswirtschaftsministeriums erst „in Kürze“ eingereicht werden. Immerhin kann man sich schon für den WSF-Newsletter registrieren…
Die durch‘s Überbrückungs-Raster gefallenen Hotels befürchten zudem beim WSF anschließend staatliche Eingriffe in das operative Geschäft als Gegenleistung für die rettende Hand. Nicht einmal einen Rechtsanspruch auf Unterstützung kennt der WSF. Hier klafft also eine eklatante Lücke in den vollmundig versprochenen „passgenauen“ Hilfsmaßnahmen der Bundesregierung!
Damit ist diese Hälfte der Hotelunternehmen auf absehbare Zeit auf sich alleine gestellt im Kampf gegen nicht beizubringende Mietforderungen in der Corona-Krise. Und hier hat ihnen die Bundesregierung zum Monatswechsel noch einmal „Steine statt Brot“ gegeben:
Mit dem ersten Covid 19-Gesetz von Ende März griff das Bundesjustizministerium in den Wohn-, aber auch den gewerblichen Mietmarkt ein. Es untersagte Kündigungen bis Ende Juni und bekräftigte gleichzeitig die grundsätzliche Verpflichtung zur Mietzahlung. Damit lieferte das Gesetz der Vermieterseite das Verhandlungsargument einer vermeintlich bewussten Gesetzgeberentscheidung zugunsten einer fortlaufenden Mietzahlungspflicht ohne jedwede Anpassung der Miethöhe. Folglich bissen viele Hoteliers bei Verhandlungen über eine angemessene Lastenteilung beim Vermieter auf Granit.
Als nun das Bundesjustizministerium den temporären Kündigungsschutz über den 1. Juli hinaus verlängern wollte, stemmte sich insbesondere die CDU/CSU-Bundestagsfraktion dagegen und ergriff Partei für die Immobilieneigentümer. Jetzt darf also wieder gekündigt werden und große Teile der Hotellerie stehen ohne Kündigungsmoratorium oder Überbrückungshilfe unverschuldet im Starkregen, während die Immobilienseite buchstäblich pro domo frohlockt: „Ein verlängertes Moratorium hätte einen Zustand eingefroren, der die Wiederbelebung der Wirtschaft verhindert hätte.“
Der Gesetzgeber muss seinen von ihm verschuldeten Konstruktionsfehler im gewerblichen Mietrecht nun schnellstens korrigieren und eine Klarstellung in das Bürgerliche Gesetzbuch aufnehmen, dass Pandemien eine Störung der Geschäftsgrundlage darstellen und folglich einen angemessenen Lastenausgleich zwischen den Mietparteien erfordern.
Es zeichnet sich jedenfalls immer deutlicher ab: Die von den Bundesministern Scholz und Altmaier ausgepackte Bazooka erweist sich nicht wie von uns schon früh befürchtet als Luftpistole, sondern droht ein glatter Rohrkrepierer zu werden.
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