Vorgeknöpft
Blogpost von Markus Luthe zur Online-Distribution
Der Button zum Abschluss der Buchungsstrecke von Booking.com ist uns schon länger ein Dorn im Auge. Der nach eigenen Angaben weltweite Marktführer für Online-Reisen hält entgegen dem Wortlaut des § 312j BGB den lapidaren Hinweis „Buchung abschließen“ für rechtsverbindlich und die Verbraucher für hinreichend geschützt. Das ist aus unserer Sicht rechtsfehlerhaft und damit auch wettbewerblich unlauter. Mit meinem Blogpost „Vorknöpfen“ habe ich mich bereits am 29. Oktober 2018 klar positioniert.
Nun wurde dem Europäischen Gerichtshof in einem Vorabentscheidungsersuchen des Amtsgerichts Bottrop die Umsetzung der EU-Richtlinie 2011/83 („Button-Lösung“) durch Booking.com vorgelegt und er musste sich den losen Abbinder „Buchung abschließen“ vorknöpfen und festzurren. Der EuGH hat heute in der Rechtssache C-249/21 entschieden, dass ein auf elektronischem Wege geschlossener Vertrag nur dann wirksam zustande kommt, wenn der Verbraucher allein anhand der Worte auf der Schaltfläche für die Bestellung eindeutig versteht, dass er eine Zahlungsverpflichtung eingeht, sobald er diese Schaltfläche aktiviert.
Der Europäische Gerichtshof bestätigt unsere Rechtsauffassung und erklärt ausdrücklich, dass es die Schaltfläche oder die ähnliche Funktion selbst ist, die mit dieser Formulierung gekennzeichnet sein muss. Es sind somit allein die Worte auf dieser Schaltfläche oder dieser ähnlichen Funktion bei der Prüfung zu berücksichtigen, ob der Unternehmer seiner Verpflichtung nachgekommen ist, dafür zu sorgen, dass der Verbraucher bei der Bestellung ausdrücklich bestätigt, dass die Bestellung mit einer Zahlungsverpflichtung verbunden ist.
Das Amtsgericht Bottrop wird nun in der konkreten Angelegenheit Hotels Goldener Anker in Krummhörn-Greetsiel zu prüfen haben, ob der Begriff „Buchung“ in der deutschen Sprache sowohl im allgemeinen Sprachgebrauch als auch in der Vorstellung des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers zwangsläufig und systematisch mit der Begründung einer Zahlungsverpflichtung in Verbindung gebracht wird. Falls dies zu verneinen ist, wird das AG Bottrop nach Maßgabe des EuGH festzustellen haben, dass der Ausdruck „Buchung abschließen“ mehrdeutig ist, so dass er nicht als eine Formulierung angesehen werden kann, die den Worten „zahlungspflichtig bestellen“ in der Richtlinie 2011/83 entspricht.
Damit sind wir der Auflösung der widersprüchlichen erstinstanzlichen Rechtsprechung in Deutschland einen entscheidenden Schritt nähergekommen. Denn das Amtsgericht Hildburghausen (Az. 22 C 517/16, Urteil vom 5. Juli 2018) hatte den Booking.com-Button z.B. als unzulänglich und den auf diese Weise abgeschlossenen Beherbergungsvertrag folglich als nichtig eingestuft, während das Landgericht Berlin (Az. 16 O 284/17, Urteil vom 31.01.2019) dieselbe Beschriftung der Schaltfläche aufgrund des Kontextes der Buchungsstrecke von Booking.com für „hinreichend eindeutig und damit zulässig“ erachtete.
Jetzt kommt es noch auf die semantische Interpretation des Amtsgerichts Bottrop an, ob der bisherigen Buchungsstrecke von Booking.com in Deutschland Rechtsverbindlichkeit zukommt oder nicht. Verbraucher wie Hoteliers haben einen Anspruch auf Klärung!
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