Last Order
Blogpost von Markus Luthe zur Online-Distribution
Gleich nach der Veröffentlichung meines letzten Blogposts „Opt-out“ zum Fehlverhalten von Booking.com und Expedia in Zeiten der Corona-Krise erhielt ich einen Kommentar der HRS-Geschäftsführung darunter eingetragen, der mich zu einer „differenzierenden Perspektive“ ermahnte und aufforderte, Partner nicht zu diskreditieren. In der Tat hat HRS seit Beginn der Krise versucht, Umbuchungen und Gutscheine statt Stornierungen zu forcieren. So weit, so selbstverständlich.
Nun aber scheint das Unternehmen auf einen gänzlich anderen Corona-Kurs zu verfolgen. Zunächst fiel HRS Ende März mit seinen Akquisemethoden unangenehm auf, Hotelkapazitäten für das Hilfspersonal von Krankenhäusern und Patienten einzukaufen. Vertriebsmitarbeiter von HRS beriefen sich hierbei ausdrücklich auf Bundesgesundheitsminister Spahn persönlich und den Krisenstab seines Ministeriums. Ich habe daraufhin den Bundesgesundheitsminister angeschrieben und um Aufklärung unter anderem darüber gebeten, warum Kontingente bis einschließlich Ende Mai unwiderruflich zur Verfügung gestellt werden sollten und welche Bewandtnis es mit dem für so einen Firmenkontrakt überraschenden Kommissionsmodell von 15 Prozent für jedes Zimmer und jeden Buchungstag habe?
Das Bundesgesundheitsministerium teilte uns dazu mit, dass weder das Ministerium noch sein Krisenstab Kenntnis von der Aktion habe. Wenn, dann fiele sie auch ohnehin in die Länderzuständigkeit. Darauf vom Ministerium und der Presse angesprochen, ruderte HRS mit einem „Einzelfall-Argument“ zurück. So weit, so schäbig.
In dieser Woche ließ HRS dann keinen Zweifel aufkommen, auf wessen Seite sich das Unternehmen im Geschäftsreisemarkt positioniert. Per Pressemitteilung veröffentlichte HRS eine hausgemachte Umfrage unter Führungskräften im Reise- und Beschaffungswesen zur Zeit nach den Aufhebungen der Covid-19-Beschränkungen, wonach „62 Prozent der Befragten für den Rest des Jahres und darüber hinaus die Möglichkeit sehen, mit Hotels niedrigere Zimmerpreise und flexiblere Buchungskonditionen zu verhandeln und 51 Prozent angaben, dass sie entsprechende Ausschreibungen unter Hotels starten werden, um dieses Ziel zu erreichen.“
Eigentlich könnte man über so eine plumpe Masche peinlicher Preisdrückerei ja laut auflachen, wenn die Hotellerie derzeit nicht gerade für jedermann erkennbar am Boden darniederliegen würde. Welche Erkenntnisfortschritte und Rückschlüsse soll man schließlich schon aus so einer interessengesteuerten Umfrage der „Sind-Sie-nicht-auch-für-Freibier-für-Alle-Methodik“ ziehen? So weit, so sinnlos.
Ich denke, es wird Zeit, diese Strukturen kritisch zu hinterfragen. Und sich nicht alles gefallen zu lassen. Vielleicht ist wenigstens dazu ja die Corona-Krise „gut“.
Es gilt also Zeichen zu setzen, dass die Branche der Übergriffigkeiten der Buchungsportale überdrüssig ist. Eine einmalige Gelegenheit dazu ist sicher die vom Hotelverband ausgerufene Kampagne „daBeisein“ zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen Booking.com, den eindeutigen Marktführer unter den Buchungsportalen, wegen jahrelanger Verwendung kartellrechtswidriger Bestpreisklauseln. Am kommenden Freitag, 15. Mai 2020, endet hierfür die Registrierungsfrist.
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