Zeichen der Zeit
Blog von Markus Luthe zur Mehrwertsteuerdebatte vom 30. Juni 2009
Morgen ist für Frankreichs Gastronomen ein großer Tag: Die Mehrwertsteuer sinkt in den französischen Restaurants von derzeit 19,6 % auf dann nur noch 5,5 %. Präsident Sarkozy hat Wort gehalten und den nationalen Spielraum genutzt, den ihm der einstimmige Beschluss des ECOFIN-Rates im Mai 2009 eröffnet hat. Und während die französischen Gastwirte eifrig die Kassensysteme umstellen, verschanzt sich die deutsche Bundesregierung um Finanzminister Peer Steinbrück mit jeder Antwort auf entsprechende parlamentarische Anfragen im Deutschen Bundestag immer tiefer in der Wagenburg. Was in Europa für sinnvoll erachtet wird, darf in Deutschland immer noch nicht gelten.
Andere Länder aber haben die Zeichen der Zeit erkannt und handeln im Interesse ihrer arbeitsplatzintensiven Dienstleistungsbranche. Das ungarische Parlament hat erst gestern den reduzierten Mehrwertsteuersatz für seine Hotellerie beschlossen, morgen tritt das entsprechende Gesetz schon in Kraft. Während der allgemeine Mehrwertsteuersatz in Ungarn von 20% auf 25 % steigt, kommt für Beherbergungsbetriebe fortan der reduzierte Mehrwertsteuersatz von 18 % zur Anwendung. Belgien und Tschechien planen ebenfalls, noch im Sommer reduzierte Mehrwertsteuersätze von 6 % bzw. 9 % für ihre Gastronomie einzuführen.
Inzwischen gewähren 21 von 27 EU-Mitgliedern ihrer Hotellerie einen reduzierten Mehrwertsteuersatz. Der Handlungsdruck steigt auch in Deutschland. Änderungen sind aber realistischerweise nur bei geänderten Mehrheitsverhältnissen nach der Bundestagswahl zu erwarten. Deutschland hat die Wahl.
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