Wirkungstreffer
Blogpost von Markus Luthe zur Distribution

Auch zwei Wochen nach der Verkündung verursacht das Urteil des OLG Düsseldorf noch immer ungläubiges Kopfschütteln, egal ob man mit Juristen oder Marketingexperten spricht. Ein deutsches Gericht erlaubt dem amerikanischen Marktführer spitzfindig, was die gleiche Spruchkammer vier Jahre zuvor dem deutschen Platzhirschen noch verboten hat. Auch der mitschwingende Tenor des Urteils macht sprachlos: Der Online-Vertrieb gehört den Portalen und Ihr Hoteliers richtet analog nur schön die Betten, zahlt brav für jeden Gast ad infinitum einen Obolus und haltet Euch ansonsten aus der Digitalisierung raus…
Zum Glück ist das letzte Wort in dieser existenziellen Angelegenheit noch nicht gesprochen, auch wenn das Gericht die Hürden für eine Rechtsbeschwerde absichtlich hochgelegt hat. Wir gehen davon aus, dass gegen das Urteil Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe eingereicht wird. Wir messen diesem Schritt auch gute Erfolgschancen bei. Schließlich haben wir selbst erst im letzten Jahr die motivierende Erfahrung machen dürfen, dass der BGH in einem weiteren Verfahren eines anderen OLG einem Urteil zu Gunsten von Booking keine Bestandskraft zukommen ließ und unseren Fall sogar dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg zur Grundsatzentscheidung vorlegte.
So lange bleibt rechtlich erst einmal unklar, ob Booking seine Hotelpartner schon ab sofort wieder mit engen Ratenparitätsklauseln binden darf. Ob Booking diesen allgemeinen Affront gegen die Hotellerie nötig hat und den gerichtlichen Freifahrtschein auch tatsächlich umsetzen wird, können wir nicht beurteilen. Schließlich hat sich Booking seinen Instrumentenkasten zur individuellen Disziplinierung „illoyaler“ Hotels auch ansonsten schon mehr als prall gefüllt: Automatisierte De-Rankings per Algorithmus, „Booking.Basic“, „Sponsored Discounts“ usw. usw. kommen ja ohnehin zum Einsatz. Ganz zu schweigen von Hoteliers, die sich durch Teilnahme an Bookings „Preferred Programm“ freiwillig noch engere Vertriebsfesseln haben anlegen lassen.
Das OLG Düsseldorf hat jedenfalls klar in sein Urteil geschrieben, dass Booking von all seinen Hotelpartnern vertraglich verlangen darf, auf der Hotelhomepage niemals günstiger als auf Booking zu sein:
„Dem Endverbraucher wird die Möglichkeit genommen, ein Hotelzimmer über die Hotelinternetseite oder andere Onlinevertriebskanäle, zu einem niedrigeren Preis und/oder günstigeren Konditionen als auf dem Hotelbuchungsportal [von Booking.com] zu finden. Faktisch wird durch die Beteiligten ein Online-Mindestpreis festgesetzt.“ (OLG Düsseldorf, Az: VI – Kart 2/16 (V), S. 9)
Sollten Hoteliers also bislang auf der eigenen Homepage Zimmer günstiger als auf Booking.com angeboten haben, hält es der 1. Kartellsenat des OLG Düsseldorf ausdrücklich für notwendig und verhältnismäßig, dass diese nun entweder ihre Zimmerpreise auf Booking.com senken oder auf der eigenen Webseite entsprechend erhöhen. Sic!
Ausdrücklich unzulässig sind günstigere Preise auch „beispielsweise an der Rezeption, schriftlich, per Telefon, über ein Reisebüro usw.“, wenn „Offlinepreise und -konditionen online veröffentlicht, beworben und/oder vermarktet werden“. (OLG Düsseldorf, Az: VI – Kart 2/16 (V), S. 7)
Wenn Hoteliers nun an Ausweichreaktionen wie besondere Zimmerkategorien oder Stornobedingungen allein für den Vertrieb über die eigene Homepage denken sollten, so schiebt das Gericht auch dem einen Riegel vor, indem es flankierende Vertragsregelungen wie Mindestkontingente, jederzeitige Verfügbarkeiten oder eine Bedingungsparität ausdrücklich für wettbewerbsrechtlich zulässig erklärt und Booking hierzu geradezu ermuntert.
Sollten in Würdigung des Kleingedruckten Hoteliers nun ihrerseits das Marktverhalten von Booking als illoyal einstufen, bliebe es der autonomen unternehmerischen Entscheidung eines jeden Einzelnen überlassen, ob er sein Haus zu diesen Konditionen über diesen Vertriebskanal noch vermarktet sehen will…
0 Kommentare
Sei der erste der kommentiert
Kommentar hinzufügen