*Vgl. ebenda
Blog von Markus Luthe zur Mehrwertsteuerdebatte
Eigentlich sollte gestern ein Beitrag zur Versachlichung der leidigen Mehrwertsteuerdiskussion geleistet werden, denn schließlich stand die erste Sitzung der von der Koalition eingesetzten Expertenkommission zur Überprüfung des Mehrwertsteuersystems auf der politischen Tagesordnung. Da die der Kommission angehörenden Kabinettsmitglieder aber der Aktuellen Stunde des Deutschen Bundestages zur Doktorarbeit von Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg beiwohnen mussten, wurde die Konstituierung der Mehrwertsteuerkommission kurzerhand vertagt.
Dennoch wurde das Thema ohne Erkenntnisfortschritt in der Sache gleich wieder in die Medien gespielt, diesmal vom FDP-Generalsekretär Christian Lindner. Gegenüber der Rheinischen Post erklärte er – ich zitiere (!) wörtlich:
„‚Mit Ausnahme von Grundnahrungsmitteln und Kultur sollten nun alle ermäßigten Sätze hinterfragt werden,’ sagte FDP-Generalsekretär Christian Lindner gegenüber unserer Redaktion. Wo es keine zwingende Veranlassung gebe, solle wieder der volle Satz gelten. Dadurch werde ein ‚einstelliger Milliardenbetrag’ gewonnen, sagte Lindner. Das Geld solle zum Abbau des ‚Mittelstandsbauchs’ in der Einkommensteuer genutzt werden. Neben dem Abbau der Bürokratie ergebe sich so ein ‚doppelter Nutzen’.“
MdB Christian Lindner (FDP) am 28.01.2010 mit einer Kurzintervention (01:49 min.) zur Mehrwertsteuerdebatte im Deutschen Bundestag; @ Deutscher Bundestag
Die Rheinische Post titelte daraufhin – sicherlich erleichtert mit Blick auf den für die Zeitungsverlage selbst somit nicht zur Disposition gestellten eigenen 7%-Mehrwertsteuervorteil: „FDP will Hotelsteuer wieder abschaffen“.
Diese Schlagzeile greifen zur Stunde alle Nachrichtenagenturen auf und wiederbeleben damit die Debatte. In so fern: Déjà-vu oder * vgl. ebenda!
Zwischenzeitlich hat FDP-Generalsekretär Christian Lindner per Pressemitteilung Folgendes – wörtlich (!) – erklärt:
„Die FDP hat mit Ausnahme von Grundnahrungsmitteln und Kultur keine Festlegungen über einzelne Mehrwertsteuersätze getroffen. Es wird ergebnisoffen geprüft. Beim ermäßigten Satz für Hotels und Pensionen muss bei der Prüfung allerdings zusätzlich beachtet werden, dass die Ermäßigung Investitionen ausgelöst hat und ein Teil dieser Branche im Wettbewerb mit europäischen Urlaubszielen steht, die bereits länger und immer noch niedriger besteuert werden. Die seinerzeitige Trennung dieses Satzes von einer grundlegenden Gesamtreform war in meinen Augen zwar kommunikativ problematisch, aber dies darf nun nicht zu übereilten Schlussfolgerungen in der Sache führen.“
Ein Medienlehrstück also?
Am gestrigen Mittwoch hatte sich zuvor schon über das Handelsblatt die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, das ist eine nach eigenen Angaben mit einem Jahresbudget von 8,32 Millionen Euro von den Arbeitgeberverbänden der Metall- und Elektro-Industrie ausgestattete „branchen- und parteiübergreifende Plattform“, erneut zu Wort gemeldet. Sie platzierte einen Aufruf zehn namhafter Prof. Dr., die sich für eine „einfache Mehrwertsteuer“ aussprechen, „die auf unzählige Ausnahmen und Vergünstigungen verzichtet“. Da unter den Unterzeichnern auch die Verfasser bereits bekannter einschlägiger Gutachten zu dem Thema sind, bitte ich um Nachsicht, dass ich mich zur Kommentierung an dieser Stelle einfach selbst zitiere/verlinke.
Objektiv betrachtet bricht diese Debatte für die Gegner reduzierter Mehrwertsteuersätze aber eigentlich zu keinem günstigen Zeitpunkt aus, denn die peu à peu eintreffenden wirtschaftlichen Kennziffern, die allen politischen Widrigkeiten zum Trotz enormen Investitionssummen und die weit überdurchschnittliche Jobbilanz der Hotellerie für das Jahr 2010 belegen auch rückblickend die Wirksamkeit dieser Maßnahme des Wachstumsbeschleunigungsgesetz.
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