Verdämmung
Blog von Markus Luthe zur Energieeffizienz
Deutschland wird verdämmt. Zumindest ist dies das erklärte Ziel der Bundesregierung. Das im Dezember 2014 vorgelegte soll bis zum Jahr 2020 die Emissionen im Vergleich zum Jahr 1990 um 40 Prozent reduzieren. 25 bis 30 Millionen Tonnen CO2 sollen durch steuerlich geförderte energetische Sanierungen eingespart werden. Die Dämmschicht soll etwa 1 Milliarde Euro jährlich dick aufgetragen werden. Zur Gegenfinanzierung sollte die steuerliche Absetzbarkeit haushaltsnaher Handwerkerrechnungen gestutzt werden – eigentlich... Denn im Koalitionsausschuss wurde das Projekt erst einmal gestoppt.
Zwischenzeitlich dämmerte der grün-roten Landesregierung in Baden-Württemberg, dass hier eine prima Chance bestehen könnte, mal wieder ihr Lieblingsmenetekel der Abschaffung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes für die Hotellerie an die Wand zu malen, und brachte einen entsprechenden Antrag über den Umweltausschuss in den Bundesrat ein. In einer Pressemitteilung erklärte der baden-württembergische Umweltminister Franz Untersteller (Die Grünen) eiskalt:
„Nach unserer Auffassung könnten wir die Steuermäßigungen für die energetische Sanierung mit der Rücknahme der so genannten Mövenpicksteuer kompensieren. Das ist die 2010 eingeführte Umsatzsteuerermäßigung für Übernachtungen im Hotel- und Gaststättenbereich.“
Mit einem so offenkundigen Unfug ließen sich die Wände der Großen Koalition im Bund natürlich nicht zum Einsturz bringen, so dass der Antrag Baden-Württembergs am 27. März 2015 am Plenum abperlte und zur Beratung in die Ausschüsse verwiesen wurde.
Zwischenzeitlich sind zumindest Teilen der Bundesregierung auch fachliche Zweifel am vornehmlichen Ziel der Verdämmung Deutschlands gekommen. Unions-Fraktionschef Volker Kauder plädierte jedenfalls laut WirtschaftsWoche am 22. April 2015 vielmehr für einen Austausch alter Heizungsanlagen: „Dabei bin ich ganz explizit nicht der Meinung, dass schwerpunktmäßig die Hausdämmung stattfinden muss. Da habe ich erhebliche Vorbehalte, ob das eine sinnvolle Maßnahme ist.“ Ebenso scheint der Ölpreis-Absturz die Fixierung auf die Wärmedämmung fragwürdig zu machen und neuere Wirtschaftlichkeitsberechnungen lassen Zweifel an der Amortisationsdauer der Isolierungsmaßnahmen aufkommen.
Auch die Bauminister der Bundesländer sind zwischenzeitlich über strengere Feuerschutzvorschriften für gedämmte Fassaden gestolpert. Ein dem Nachrichtenmagazin Spiegel vorliegendes Arbeitspapier der Fachkommission Bauaufsicht der Bauministerkonferenz soll zu dem Schluss gekommen sein, dass sich beim weitverbreiteten Dämmstoff Polystyrol (Styropor) „Schwächen bei bestimmten Außenbrandsituationen“ zeigten.
Deshalb solle um jedes gedämmte Haus künftig eine Art Schutzzone errichtet werden: „Bei der dauerhaften Lagerung von brennbarem Material und Gegenständen (z.B. Brennholz, Müllcontainer aus Kunststoff) sollte ein Mindestabstand von drei Metern zur Fassade eingehalten werden“. Eine Alternative sei, Mülltonnen in „geschlossenen Einhausungen“ unterzubringen. Um mit Polystyrol gedämmte Häuser sollten sogar Parkverbote eingerichtet werden, damit Kraftfahrzeuge nicht unmittelbar an der Fassade stehen. Die Geschäftsstelle der Bauministerkonferenz mochte allerdings auf unsere Anfrage hin eine beabsichtigte Verschärfung der bauaufsichtlichen Zulassung von Wärmedämmverbundsystemen nicht bestätigen.
Die Situation ist doch geradezu grotesk: Während beispielsweise in einem Hotelgebäude schwerentflammbare Teppichböden verlegt werden müssen und neuerdings ein dritter Rettungsweg einzuplanen ist, werden außen an die Fassaden leicht entflammbare Brandbeschleuniger montiert? Mir scheint jedenfalls ein Innehalten und ruhiges Nachdenken über die Sinnhaftigkeit dieser Maßnahme mehr denn je angezeigt.
Die Grünen wird aber auch das nicht von ihrem Lieblingsmenetekel abbringen: Am 22. April 2015 haben sie jedenfalls auch in den Bundestag einen
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