Unter dem Strich
Blog von Markus Luthe zur Mehrwertsteuerdebatte vom 15. August 2011

Auch die Süddeutsche Zeitung kam in der letzten Woche nicht umhin, anzuerkennen, dass „die Absenkung der Mehrwertsteuer von 19 auf sieben Prozent zum Beginn des vorigen Jahres viele Renovierungen angestoßen und auch neue Arbeitsplätze gebracht hat.“ Zuvor hatten schon Artikel in der FAZ und im Handelsblatt einen ähnlichen Tenor. Beginnt die öffentliche Wahrnehmung der Angleichung der Mehrwertsteuersätze für die Hotellerie auf europäisches Niveau also objektiver und faktenbasierter zu werden?
Einen beachtenswerten Beitrag dazu liefert jedenfalls das soeben erschienene „Jahrbuch für Fremdenverkehr“ des Deutschen Wirtschaftswissenschaftlichen Instituts für Fremdenverkehr an der Universität München (dwif e.V.). Darin enthalten ist die Untersuchung „Einfluss der Neuregelung der Mehrwertsteuer auf die Ertragslage und Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Hotellerie im Vergleich zu Österreich“ vom Mag. Heiko Rainer.
Bereits im Jahr 2009 und damit noch vor dem zum 1. Januar 2010 in Kraft getretenen Wachstumsbeschleunigungsgesetz hatte das dwif im Auftrag der IHK Schwaben eine Vergleichsanalyse über betriebswirtschaftliche und steuerrechtliche Rahmenbedingungen der Hotels in Deutschland und Österreich erstellt, deren Daten nun für eine Veröffentlichung frei gegeben wurden.
Auf dieser Basis und mit gleicher Methodik vergleicht Mag. Rainer, ob und wenn ja, in welchem Ausmaß eine Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Beherbergungsgewerbes im Vergleich zu Österreich durch die Senkung des Mehrwertsteuersatzes erreicht wurde. Für seine Modellberechnungen der Betriebsergebnisse I und II sowie des Cash-Flow für einen bayerischen und einen österreichischen Betrieb greift er auf die dwif-Betriebsvergleiche für die Hotellerie zurück.
Ausgewählte Ergebnisse der Studie im Überblick:
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Eigentumsbetriebe in Deutschland waren vor Senkung der Mehrwertsteuer, unabhängig von der Betriebsgröße, mit deutlich höheren steuerlichen Belastungen als in Österreich konfrontiert, was ausschließlich an der höheren Mehrwertsteuer lag: Kleinere Betriebe (≤ 1 Mio. EUR) lagen gemessen am Bruttoumsatz 3,28 Prozentpunkte und Größere (> 1 Mio. EUR) 3,39 Prozentpunkte über dem österreichischen Steuerniveau.
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Nach der Senkung der Mehrwertsteuer ist die Gesamtsteuerbelastung der Eigentumsbetriebe deutlich gesunken und liegt nur noch marginal über dem österreichischen Niveau: Bei kleineren Betrieben (≤ 1 Mio. EUR) 0,04 Prozentpunkte gemessen am Bruttoumsatz und bei Größeren (> 1 Mio. EUR) 0,10 Prozentpunkte.
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Die Besitzverhältnisse (Eigentum versus Pacht) haben aufgrund der deutschen Gewerbesteuerregelung nur bei gepachteten Hotels mit mehr als 1 Mio. EUR Bruttoumsatz einen signifikanten Einfluss, bleiben jedoch auch hier unter den österreichischen Vergleichsparametern.
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Die dwif-Analyse schlussfolgert, „dass die früher gültigen Mehrwertsteuersätze das Beherbergungsgewerbe in Deutschland deutlich benachteiligten. Einem österreichischen Hotelbetrieb standen pro Jahr zwischen 26.000 und 68.000 Euro als ‚Mehrgewinn‘ zur Verfügung. Durch den im Jahr 2010 eingeführten ermäßigten Steuersatz von 7% auf Entgelte für Übernachtungen wurde dieser Nachteil weitgehend beseitigt, so dass sich jetzt die Chance eröffnet, die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Beherbergungsbetriebe zu erhöhen.“
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