Teufelskreis durchbrechen
Blog von Markus Luthe zum Image des Gastgewerbes*
* Der Beitrag erschien am 18. Oktober 2014 als Namensartikel in der gleichnamigen .
Schon als ich mich vor über 20 Jahren mit dem Gedanken anfreundete, die reine Gastperspektive mit der eines Interessenvertreters des Gastgewerbes zu tauschen, schien es um das Image der Branche nicht bestens bestellt zu sein. Jedenfalls liefen damals bei mehreren Radiosendern einprägsame Spots mit dem Titel „Alles andere als Alltag - Heute gehen wir aus! Wir in Hotellerie und Gastronomie.“ In vielen Kneipen und Restaurants meines Wohnortes Bonn hingen damals die auffallenden, roten Plakate dieser bundesweiten Imagekampagne des DEHOGA.
Es muss ein enormer finanzieller und struktureller Kraftakt der Branche gewesen sein, dessen Ausläufer ich dort in den letzten Wochen seines Schaltens noch bewusst wahrnahm. Aber war er auch nachhaltig? Rückblickend gewiss nicht, denn Imageprobleme lassen sich mit solchen Kampagnen bestenfalls kurzzeitig kaschieren, aber nicht kurieren.
Die Diskussionen um das Image des Gastgewerbes ebbten jedenfalls keinesfalls ab, sie scheinen sogar an Intensität in den letzten Jahren zuzunehmen. Einen relativen Tiefpunkt stellt für mich in dem Zusammenhang gewiss die Rede der für die Branche zuständigen Parlamentarischen Staatssekretärin Iris Gleicke (SPD) am 21. Februar diesen Jahres im Deutschen Bundestag dar, als sie die Arbeitsbedingungen der Branche kritisierte und ihr ausweislich des Plenarprotokolls ein „Schmuddelimage“ attestierte.
Die Branche leidet scheinbaren Naturgesetzmäßigkeiten zufolge schon seit Jahrzehnten unter hohen Abbruchquoten in der Ausbildung, einem kräftezehrendem Tagesgeschäft und unattraktiven Arbeitszeiten. Hinzukommt, dass – vorsichtig ausgedrückt – den Arbeitnehmern offensichtlich auch nicht immer die Wertschätzung und Anerkennung zuteilwird, die sie verdienen. Zurecht mahnt deshalb Fred Hürst, der langjährige Deutschland-Chef von Hyatt, vorletzte Woche in der AHGZ-Serie auch zeitgemäßere Managementmethoden und intelligentere Arbeitseinteilungen an.
Nicht zuletzt aufgrund der demographischen Entwicklung und des unausweichlichen Wettstreits der Branchen um die Talente von morgen wird der Qualität und Modernität der Ausbildung eine Schlüsselrolle zukommen. Es ist ermutigend zu sehen, dass hier auf den unterschiedlichsten Ebenen Leuchtturmprojekte gestartet worden sind, wie z.B. die „Exzellente Ausbildung“ der HDV oder die breiter angelegten Maßnahmenpläne der DEHOGA-Landesverbände. Hilfreich wäre es – nebenbei bemerkt – sicherlich auch, wenn die zuständige Gewerkschaft nicht zu Eigen-PR-Zwecken immer wieder rituell die eigene Branche schlechtredete. Das gemeinsame Ziel der Steigerung der Ausbildungsqualität wird dadurch eher gefährdet denn gefördert.
Es wäre definitiv zu kurz gegriffen, die Lösung der Probleme allein in Forderungen nach einer deutlich höheren Entlohnung der Arbeitnehmer zu sehen. Eine arbeitsintensive Dienstleistungsbranche wie das Gastgewerbe wird aufgrund der im Vergleich geringeren Produktivität und Wertschöpfung niemals mit dem Lohnniveau und der Lohnentwicklung in der Industrie mithalten können.
Dennoch kann es andererseits nicht ausreichen zu hoffen, dass es der tagtägliche Umgang mit Menschen, die Freude an der Kreativität der eigenen Arbeit oder die Internationalität der Branche als positive Incentives allein schon kompensatorisch richten werden.
Es gilt vielmehr einen Teufelskreis zu durchbrechen, bei dem nicht ausreichende Erlöse bei gleichzeitig explodierenden Kosten für Distribution, Energie, Mieten und Pachten zu einem immer stärkeren Druck auf den Faktor Arbeit führen – und nicht nur nebenbei bemerkt auf die im Vergleich zur Gesamtwirtschaft ohnehin niedrigen Margen.
Es ist eine ökonomische Binsenweisheit, dass mittel- und langfristig auch die Unternehmer in Hotellerie und Gastronomie nicht unter ihren betriebswirtschaftlich sauber kalkulierten Vollkosten anbieten können. Ansonsten sind langfristige Verwerfungen auch auf dem branchenspezifischen Arbeitsmarkt mit all ihren beklagten Symptomen die unausweichliche Konsequenz.
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