Privatsache
Blog von Markus Luthe zu journalistischen Standards vom 17. Juni 2012
Die heutige Lektüre des Reiseteils der Berliner Morgenpost war ein echter Stimmungskiller und ließ auch innerlich Wolken am sonntäglichen Stimmungshimmel aufziehen: „Nur jedes dritte Berliner Hotel ist empfehlenswert“ lautete die Springer-Schlagzeile.
In dem online noch nicht verfügbaren Artikel heißt es: „In den 840 Berliner Hotels regiert das Mittelmaß: Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie im Auftrag des Privatunterkünfte-Portals 9flats, das insgesamt fast 160.000 Bewertungen auf den Internet-Buchungsportalen hrs.com und hotel.de untersucht hat.“ Und weiter: „So sind nur 290 Berliner Hotels, also etwa jedes dritte, empfehlenswert. 34,6 Prozent aller Gäste bewerten auf einer Skala von 1 bis 10 ihren Aufenthalt mit ‚gut‘ (8 bis 9 Punkte).“
Auf die inhaltliche Qualität der Auftragsstudie kann ich nicht näher eingehen, da sie mir nicht vorliegt. Ein Fragezeichen möchte ich aber schon mal setzen, wenn ein Hotel mit einer Note von 6 bis 7 als „nicht empfehlenswert“ gebrandmarkt wird.
Ich ärgere mich aber über diesen journalistischen Tiefschlag, der in meinen Augen einen journalistischen Tiefpunkt markiert. Warum? Weil der Artikel ein „Geschmäckle“ hat, wie man in Süddeutschland sagen würde.
Den Markt der Privatzimmerportale dominieren in Deutschland Airbnb, 9flats und Wimdu. Die Axel Springer AG, die die Berliner Morgenpost herausgibt, und der internationale Marktführer Airbnb haben eine strategische Vermarktungspartnerschaft zur Promotion des Privatzimmervermittlers vereinbart. Nach hat der Verlagskonzern gegen einen Kaufpreis in zweistelliger Millionenhöhe sowie Medialeistung (!) eine Beteiligung an Airbnb erworben.
Der Axel Springer Verlag ist damit strategischer Vermarktungspartner von Airbnb in Deutschland und “unterstützt im Zuge dessen die Marketing-Aktivitäten von Airbnb mit einem umfangreichen Media-Volumen in den zahlreichen Online- und Print-Publikationen des Unternehmens. Darüber hinaus wird die Axel Springer-Tochtergesellschaft Immonet exklusiver Vermarktungs- und Markenpartner von Airbnb im Segment der Vermietung von Unterkünften zwischen Privatpersonen”, wie der Verlag selbst mitteilt.
Wird also mit etwa Media-„Leistung“ wie dem heutigen Artikel die Hotelkonkurrenz schlecht und die eigene Wirtschaftsbeteiligung profitabel geschrieben, ohne dass der geneigte Leser auch nur einen dezenten Hinweis auf die Interessenskollision des Verlages erhält?
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