Mit dem Zehnten sieht man besser

Markus Luthe / 04.04 2008

icon min Lesezeit

icon 0 Kommentare

Zurück

Blog von Markus Luthe zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk vom 4. April 2008

Deutschland leistet sich schon heute den wohl teuersten öffentlich-rechtlichen Rundfunk überhaupt. 7,3 Mrd. Euro jährlich werden für ARD, ZDF und Deutschlandradio durch die GEZ eingetrieben. Zum Vergleich: Dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung stehen beispielsweise für Entwicklungshilfe Deutschlands nur 5,1 Mrd. Euro im Bundeshaushalt zur Verfügung.

Wer setzt hier die Maßstäbe? Wer kontrolliert den Umfang bestehender und wer die Notwendigkeit immer neuer Angebote der Öffentlich-Rechtlichen? Falls es eingebaute Expansionsgrenzen in diesem System geben sollte, so darf man deren Wirksamkeit wohl zu Recht bezweifeln.

Jüngste Tendenzen der Rechtsprechung und des Verwaltungshandelns rund um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk verstärken die generelle Skepsis:

  • Am 24. April 2007 stellte die EU-Kommission nach mehr als zwei Jahren ein Verfahren wegen Verdachts auf unzulässige Beihilfen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland ein. Zwar konnte Brüssel erreichen, dass zukünftig der öffentlich-rechtliche Auftrag und die kommerzielle Tätigkeiten von ARD und ZDF schärfer voneinander getrennt werden müssen, doch werden die Auswirkungen auf die Gebührenbelastung marginal bleiben.
  • Das Bundesverfassungsgericht hat am 11. September 2007 de facto jeden Versuch der Politik zurückgewiesen, Einfluss auf die Höhe der Rundfunkgebühr zu nehmen (Az.: 1 BvR 2270/05). Dieses Korrektiv wurde den Ministerpräsidenten und erst recht den Landtagen wohl endgültig aus der Hand geschlagen.
  • So auf den Geschmack gebracht, fordern nun natürlich auch die privaten Fernsehsender einen Anteil vom Gebührenkuchen. Jochen Starke, der Chef von RTL 2, verlangte etwa am 12. Februar 2008 in einem Zeitungsinterview, dass die Privatsender wie im britischen Modell Geld aus der Rundfunkgebühr erhalten sollten.
  • Damit nicht genug: Am 12. März 2008 urteilte wiederum das Bundesverfassungsgericht mit 5:3 Richterstimmen, dass auch politische Parteien Beteiligungen an privaten Rundfunksendern halten dürfen (Az.: 2 BvF 4/03). Geklagt hatte die SPD-Bundestagsfraktion gegen das hessische Privatfunkgesetz, weil die SPD-Medienholding DDVG ihren Anteil am Privatsender FFH abgeben sollte. Die Konsequenz im Klartext: Der Steuerzahler finanziert anteilig auch noch indirekt die vermeintliche private Alternative zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Der SPD-Vorsitzende Kurt Beck nannte laut Financial Times Deutschland das Urteil auch noch einen „Sieg für die Rundfunkfreiheit“...

 

Um es in Abwandlung des ZDF-Slogans zu hinterfragen: Sieht man mit dem Zehnten wirklich besser? Weniger ist mehr!


0 Kommentare
Geschrieben von
Markus Luthe
Dipl.-Volkswirt / Hauptgeschäftsführer
Hotelverband Deutschland (IHA)

luthe@hotellerie.de
Sei der erste der kommentiert

Kommentar hinzufügen

×
Name ist erforderlich!
Geben Sie einen gültigen Namen ein
Gültige E-Mail ist erforderlich!
Gib eine gültige E-Mail Adresse ein
Kommentar ist erforderlich!

* Diese Felder sind erforderlich.

Weitere
11.11.2025 von Markus Luthe
Unerhört
© DBT / Julia Nowak/ JUNOPHOTO

Der Tourismusausschuss des Deutschen Bundestags führt am morgigen Mittwoch eine öffentliche Anhörung „Plattformen der Ferienwohnungsökonomie und die Umsetzung der EU-Verordnung zur Kurzzeitvermietung 2024/1028” durch. Auf Vorschlag der Bundestagsfraktionen wurden vier Sachverständige ins Marie-Elisabeth-Lüders-Haus eingeladen. Zwei Wissenschaftler*innen, eine Vertreterin des Deutschen Ferienhausverbandes und eine Unternehmenssprecherin von Airbnb werden den Ausschussmitgliedern für ihre Fragen zur Verfügung stehen. Die vorab eingereichten Stellungnahmen der New Economics Foundation, von Airbnb und Ferienhausverband wurden auf der Website des Tourismusausschusses im Vorfeld hochgeladen. Auch wir haben unaufgefordert eine Stellungnahme für die Hotellerie eingereicht. Da sie jedenfalls bislang noch nicht auf der Internetseite des Bundestages verfügbar gemacht wurde, stellen wir sie hier zum Download barrierefrei zur Verfügung.

25.08.2025 von Markus Luthe
About Short Stay and Short Pay

Aufgrund einer Vereinbarung der europäischen Statistikbehörde Eurostat mit Airbnb, Booking und Expedia (bis Ende 2024 auch Tripadvisor) schließt sich langsam die Informationslücke über Kurzzeitvermietungen von Ferienhäusern, Wohnungen und Zimmer in ansonsten privaten Gebäuden. Diese Daten werden von bestehenden Tourismusregistern nicht erfasst. Für den Zeitraum ab 2021 stehen nun europaweit die Übernachtungsdaten zur Verfügung und sie belegen: Kurzzeitvermietung (Short-Term Rental, STR) über Online-Vermittlungsplattformen boomt.

16.04.2025 von Markus Luthe
Ton ab?

Es ist zugegebenermaßen ein nur mäßig beschallter Nebenschauplatz. Aber weil auch der schnell prohibitiv teuer werden kann, kümmern wir uns im Hotelverband gerade intensiv mit der zukünftigen Vergabe von Frequenzen aus dem sogenannten Ultrahochfrequenz-Band (UHF). Das Thema mag weder für die breite Öffentlichkeit noch für Hospitality Professionals eine Herzensangelegenheit sein, doch es illustriert ganz gut unser Verständnis von Verbandsarbeit für die Branche. Und deshalb schalte ich hier mal „den Ton an“.