Löchrig
Blogpost von Markus Luthe zum Mobilfunknetz in Deutschland
Wann haben Sie eigentlich zum ersten Mal entdeckt, ob Ihr Handy 5G-tauglich ist? Bei mir war es vor ein paar Jahren bei einem Besuch in Estland, als zum ersten Mal „5G“ auf meinem Handy-Display aufleuchtete. Hier in Deutschland hatte ich erst letztes Jahr Premiere. Immerhin ist so jetzt wenigstens auch das Mobilfunkloch in meinem Büro im Berliner Verbändehaus in 400 Meter Entfernung vom Reichstag gestopft worden: Ich bin jetzt mit 2 von 5 Feldstärke-Balken im 5G-Zeitalter angekommen… Yeah?
Das kann doch nicht ernsthaft des versprochene Deutschland-Tempo beim Digitalisierungsausbau sein. Oder doch? Ich fürchte doch, denn die zuständige Bundesnetzagentur scheint jetzt angesichts dieser atemraubenden Geschwindigkeit und trotz verbleibender Netzlücken eine Verschnaufpause einlegen zu wollen. Sie erwägt jedenfalls offiziell, zunächst kein weiteres Frequenz-Vergabeverfahren durchzuführen, sondern bestehende Nutzungsrechte pauschal um fünf Jahre zu verlängern. Später solle in einem größeren Vergabekontext dann eine Entscheidung über die langfristige Bereitstellung von Nutzungsrechten getroffen werden.
Schon bei der erstmaligen Vergabe der Frequenzen für das 5G-Mobilfunknetz im Jahr 2018 forderte der Hotelverband ehrgeizigere Auflagen für die Netzbetreiber ein, damit sich der unbefriedigende Zugang zu schnellen Mobilfunknetzen nicht zu einem bedrohlichen Wettbewerbsnachteil für die Hotellerie, insbesondere im ländlichen Raum entwickelt. Wir sprachen uns für die Einführung eines Inlandsroamings und damit deutlich mehr Wettbewerb im Mobilfunkmarkt aus. Auch die Vorgabe einer de facto nur 70 prozentigen Flächenabdeckung für die neuen Netze kritisierten wir als in keinster Weise ausreichend. Schließlich ist die Hotellerie in Deutschland auf einen flächendeckenden und leistungsstarken Internetzugang angewiesen. Die Gäste erwarten wie selbstverständlich in jeder Hotelkategorie, an jedem Standort und von jedem Hoteltyp einen sicheren und breitbandigen Netzzugang.
Fünf Jahre später sehen wir uns angesichts der weiterhin bestehenden Lücken im Mobilfunknetz in unserer kritischen Haltung bestätigt. Ein bequemes „Weiter so“ bei der künftigen Nutzung der 2025 auslaufenden Mobilfunkfrequenzen in den Bereichen 800 MHz, 1.800 MHz und 2.600 MHz darf es nicht geben. Aber genau das sehen die von der Bundesnetzagentur zur Konsultation vorgelegten Rahmenbedingungen der Frequenzen vor.
Während alle Kräfte entfaltet werden sollten, die zum Ausbau der Netze beitragen können und wollen, droht die vorgesehene pauschale Verlängerung der bestehenden Nutzungsrechte neue Marktteilnehmer außen vor zu lassen. Wir fürchten, dass durch die Verlängerung bestehender Nutzungsrechte zwar Planungs- und Investitionssicherheit hergestellt, jedoch dringend benötigte neue Impulse für einen zügigeren Netzausbau fehlen werden:
- Das Kernargument einer Frequenzknappheit für bereits am Markt operierende Mobile Network Operator (MNO) halten wir für nicht einschlägig, sondern betonen hier die wettbewerbshemmende Wirkung für potenzielle Konkurrenten.
- Das Verhandlungsgebot schafft keine wirklich überzeugende Abhilfe für einen diskriminierungsfreien Zugang.
- Der Wegfall der Diensteanbieterverpflichtung hat den Wettbewerb im Mobilfunkmarkt nachhaltig geschwächt.
Ein „Weiter so“, zwei Löcher links ins Konvulut der Frequenzbedarfsmeldungen gestanzt und „Ablage“ darf es nicht geben. Vielmehr ist ein wettbewerbsinduzierendes Vergabeverfahren vonnöten, damit Markteintritte weiterer Wettbewerber möglich werden und sich positiv auf Flächenabdeckung, Angebotsvielfalt und Preise auswirken können.
2 Kommentare
07/11/2023 20:44 von Erich Nagl
Wer von Berlin aus mit der Regionalbahn Richtung Neustrelitz, Magdeburg oder Leipzig fährt erlebt das wahre Ausmaß des Deutschlandtempo. Dann wird aus „5G“ nur noch „G“ und „Ganz ausgefallen“.
Das mag an den Fester der Züge liegen oder an zuwenig Sender entlang der Strecke oder am fehlenden Willen Regionalzüge mit WLAN auszustatten. Egal, es könnten Milionen Pendler in Deutschland produktiver oder zumindest besser unterhalten sein, wenn das mit dem Ausbau nur etwas ernster genommen werden würde.
Vielleicht würden sogar mehr aufs Auto verzichten, was der CO2 Bilanz gut tun würde.
Schade, dass so wenige Politiker und hierfür Verantwortliche Regionalbahn fahren. 😣
09/11/2023 15:00 von Markus Luthe / Hotelverband Deutschland (IHA)
Auch beim Glasfaserausbau gibt es strukturelle Probleme:
"Warum Deutschland den Glasfaserausbau nicht in den Griff bekommt
Die Umsetzung des schnellen Internets ist verfahren: In Ballungsgebieten werden die teuren Leitungen häufig mehrfach verlegt. Auf dem Land hingegen fehlen Investoren. Die Opposition wirft der Regierung Planlosigkeit vor."
https://www.welt.de/wirtschaft/article248370966/Internet-Warum-Deutschland-den-Glasfaserausbau-nicht-in-den-Griff-bekommt.html
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