Krokodilstränen
Blog von Markus Luthe zum Hotelkettenstandort Deutschland 3. September 2009
Der Paukenschlag vom 20. August hallt in der Branche noch immer nach: Mit dem Verkauf der durch die Familie Steigenberger an die ägyptische Travco Group um Hamed El Chiaty ging ein „Urgestein“ der deutschen Hotellerie in ausländisches Eigentum über.
Laut aktueller Aufstellung der 325 größten Hotelketten weltweit des amerikanischen Fachmagazins Hotels ist nach dem Verkauf von Steigenberger (Platz 55) nun die Maritim Hotelgesellschaft auf Rang 57 die größte in deutscher Hand verbleibende Hotelkette, sieht man von den TUI Hotels & Resorts (Platz 12) mit ihren 5 deutschen von insgesamt 297 Häusern vielleicht einmal ab. Nach Zahlen von MKG Consulting spielten die deutschen Hotelketten in globaler Perspektive auch zuvor mit einem Marktanteil von 2,5% ohnehin nur eine untergeordnete Rolle – nur knapp vor chinesischen und japanischen Unternehmen. Selbst bei einer ausschließlichen Betrachtung des europäischen Marktes beläuft sich der Anteil der deutschen Hotelketten auf bescheidene 6,7 %.
Diese Marktdaten stehen im krassen Widerspruch zum ausgezeichneten Ruf der Hotellerie in Deutschland, die im Besetzen renommierter Direktorenstellen im Ausland geradezu Exportweltmeister ist. Was läuft hier also schief? Ich sehe die Ursachen weitgehend im weltweit einmaligen Dschungel des deutschen Steuerrechts begründet:
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Deutsche Hotelketten können anders als ihre ausländischen Konkurrenten nur aus bereits versteuerten Erträgen wachsen. Seit Jahrzehnten verbietet § 2 a Einkommensteuergesetz (EStG) deutschen Hotelketten, unvermeidliche Anlaufverluste – und die schreibt fast jedes Hotel in den ersten Jahren nach seiner Eröffnung – in Deutschland gewinnmindernd zur Anrechnung zu bringen. Diese Sonderbehandlung „genießen“ im deutschen Steuerrecht ansonsten expressis verbis nur Waffenhändler. Zu groß ist offenbar die Angst des deutschen Fiskus, ihm könnte hier die eine oder andere privat genutzte Ferienimmobilie durch’s Raster fallen.
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Die Diskriminierung der deutschen Hotellerie im europäischen Wettbewerb beim Mehrwertsteuersatz ist hinlänglich bekannt, dokumentiert und thematisiert. Ihre Auswirkung insbesondere auf die Ferienhotellerie am Standort Deutschland kann gar nicht dramatisch genug veranschlagt werden.
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Und zu allem Überfluss werden seit der Unternehmenssteuerreform 2008 auch noch zu zahlende Mieten, Pachten und Lizenzgebühren bei der Gewerbesteuerermittlung systemwidrig dem Gewinn hinzugerechnet. Kosten werden einfach zu Einnahmen umetikettiert und die Betriebe gerade in konjunkturell schwierigen Zeiten somit auch noch in der Substanz besteuert.
Wer seiner Hotellerie im Heimatmarkt steuersystematisch die Luft zum Atmen nimmt, der braucht sich nicht wundern, wenn deutsche Hotelgesellschaften bei der notwendigen Diversifizierung in internationaler werdenden Märkten auf frisches ausländisches Kapital angewiesen sind. Krokodilstränen der Politik jedenfalls sind gänzlich deplatziert.
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