In die Röhre gucken

Hotelführer

Markus Luthe / 27.11 2008

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Blog von Markus Luthe zur Reform der Rundfunkfinanzierung vom 27. November 2008

Auf dem von den DEHOGA-Kolleginnen und -Kollegen hervorragend (!) organisierten Branchentag gab sich die in dieser Woche die Ehre, zu mehr als 1.200 Gastronomen und Hoteliers zu sprechen. Sie redete in diesen Zeiten verständlich viel, ja überwiegend zur Finanzmarktkrise und von Banken als „Kaltblütern im Winter“, die gleichsam in Schockstarre ihren Aufgaben nicht nachkommen.

Zwei Botschaften hatte die Bundeskanzlerin dennoch konkret für das Gastgewerbe mitgebracht. Die Negative lautete: Nichts Neues in Sachen „Reduzierter Mehrwertsteuersatz“. Der Hinweis sei gestattet, dass dies zumindest die Herren Brown, Berlusconi oder Sarkozy derzeit anders, zumindest aber differenzierter beurteilen. Wir werden im Dialog bleiben... Die positive Botschaft lautete: Die Bundeskanzlerin wird sich für eine Reduzierung der Rundfunkgebührenbelastung der Hotellerie einsetzen. Ihrer Auffassung nach könne eine Lösung darin bestehen, die Hotels mit Rundfunkgebühren gemäß ihrer tatsächlich realisierten Zimmerauslastung am Jahresende individuell nachverlagert mit GEZ-Gebühren zu belasten. 

Die Rundfunkpolitik liegt in Deutschland bekanntlich in den alleinigen Händen der Länder. Insofern zeichnet die Bundeskanzlerin mit ihrem Vorstoß natürlich einen Wechsel zu Lasten Dritter. Erfreulich ist aber in jedem Fall, dass sie sich als CDU-Bundesvorsitzende offenkundig für eine Senkung der exorbitanten Rundfunkgebührenbelastung der Hotellerie im jetzt anstehenden 13. Rundfunkänderungsstaatsvertrag einsetzen wird. Das in den Raum geworfene Modell galt modifiziert bereits in den Jahren 1992 – 1996, als die Hotellerie für jedes „zum Empfang bereit gehaltene“ Rundfunkgerät 100% der GEZ-Gebühren bezahlen musste und eine Lösung für ein vereinfachtes An- und Abmeldeverfahren benötigte. Beide Seiten, die Rundfunkanstalten als auch die Hotellerie, wollen zu diesem enorm aufwändigen Verfahren nicht zurück. Es würde den Bürokratie-TÜV eines Normenkontrollrates wohl auch nicht passieren. Im Grunde möchte die Hotellerie nichts anderes als einfach nur gleichbehandelt werden. Eben keine Lex specialis für die Hotellerie.

Die deutsche Wirtschaft schultert von den bald 8 Mrd. Euro Rundfunkgebühren im Jahr rund 6%. Hiervon entfällt Dank des „Hotelprivilegs“ auf die Hotellerie ein Anteil von gut 16,7%, während ihr Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt bei nur gut 0,7% liegt. Diese Schieflage muss beseitigt werden. Oder will ernsthaft jemand die Mär vom Äquivalenzprinzip aufrechterhalten, nach dem die Hotels für die besonders intensive Nutzung der Medien- und Meinungsfreiheit ihrer ausländischen Gäste – die 80% inländischen Gäste zollen ja bereits als Privatpersonen zuhause der GEZ ihren Tribut – zur Kasse gebeten werden müssen? Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist ein öffentliches Gut und sollte darum auch wie ein solches finanziert werden. Unter nahezu allen Experten besteht Einigkeit, dass eine moderne und gerechte Rundfunkfinanzierung in Zeiten rapide voranschreitender Medienkonvergenz nicht mehr an dem antiquierten Begriff des „Bereithaltens eines Rundfunkgerätes“ anknüpfen darf. Es muss auf dem einen oder anderen Weg de facto zu einer Haushaltsabgabe oder Betriebsstättenabgabe kommen. Daran wird die Hotellerie gemäß ihrer Wirtschaftskraft dann auch ihren fairen Anteil leisten.  

Wir freuen uns über die Unterstützung der Bundeskanzlerin für unser grundsätzliches Anliegen und hoffen, dass die Hotellerie nicht länger in die Röhre gucken muss!  


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Geschrieben von
Markus Luthe
Dipl.-Volkswirt / Hauptgeschäftsführer
Hotelverband Deutschland (IHA)

office@hotellerie.de
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