Blogpost von Markus Luthe zum Tourismus

Vorgestern haben die Innenminister der Mitgliedsstaaten in Brüssel über die Einführung von ETIAS (EU Travel Information and Authorisation System) beraten. Es lehnt sich an das US-Modell ESTA (Electronic System for Travel Authorisation) aus dem Jahr 2009 an. Auch in Europa sollen Einreisende aus visabefreiten Drittstaaten im Internet ein Formular ausfüllen, bevor sie einreisen dürfen. Angaben zu Identität, Reisedokumenten, Aufenthaltsort, Kontaktdaten und auch zu ihrer Gesundheit, Jobsituation oder Schulbildung sind zu machen.
Betroffen sind Bürger aus den Vereinigten Staaten, Japaner, Taiwaner, Malaysier, Serben oder Mazedonier. Die Liste umfasst knapp 60 Länder, nach dem Brexit wohl auch Großbritannien. Der Aufbau von ETIAS soll einmalig 212 Millionen Euro, die jährlichen Folgekosten werden auf 85 Millionen Euro beziffert. Gedeckt werden sollen dies von den fünf Euro Gebühren, die zwischen 30 bis 50 Millionen Reisende im Jahr pro Überprüfung bezahlen müssen. Eine Genehmigung soll fünf Jahre lang gültig sein. Geplant ist, das System in drei Jahren in Betrieb zu nehmen.
Ob es helfen wird den Terror in Europa einzudämmen, darf zumindest als umstritten bezeichnet werden. Der Tourist wird jedenfalls gläsern und grenzüberschreitendes Reisen wird komplizierter, teurer und spontan unmöglich.
Auch Grenzübertritte im Schengenraum werden schon seit geraumer Zeit wieder aufwändiger und lästiger: So hat u.a. Dänemark wieder Grenzkontrollen an der deutsch-dänischen Grenze eingeführt, Deutschland an der österreichisch-deutschen Grenze. Das sind definitiv auch Menetekel für den Deutschlandtourismus.
Dies geschieht alles in Zeiten einer erhöhten abstrakten Terrorgefährdung und trägt hoffentlich hinreichend zur Erhöhung der Sicherheitslage in unserem Land bei. Mich beschleicht aber das ungute Gefühl, dass hier mit enorm hohem Aufwand noch so kleine hypothetische Sicherheitslücken geschlossen werden, während real existierende Sicherheitsmängel für den Schengenraum einfach ausgeblendet werden.
Das Schengener Übereinkommen von 1995 hob Grenzkontrollen an den Binnengrenzen auf und glich sie durch effizientere Kontrollen an den Außengrenzen und geeignetere Maßnahmen an den Binnengrenzen, wie z.B. die mobile Grenzraumüberwachung und eine stärkere Vernetzung der Polizeiarbeit aus. Zu dem Maßnahmenpaket zählte – angeblich zwingend – auch die striktere Regelung der Hotelmeldepflicht im gesamten Schengenraum. So verlangt Artikel 45 des Schengener Übereinkommens von allen Vertragsparteien, dass beherbergte Ausländer Meldevordrucke eigenhändig ausfüllen und unterschreiben und sich dabei durch Vorlage eines gültigen Identitätsdokuments ausweisen. Dies gilt selbstverständlich auch bei regelmäßiger Vermietung von Zimmern und Wohnungen durch Privatpersonen.
Das gesamte Sicherheitskonzept des Schengenraums wird unterlaufen, wenn sich die fragliche Zielgruppe mit gefakten Facebook-Profilen via „Sharing“ Economy in die Herzen unserer Städte gänzlich unkontrolliert einbuchen kann. Und es ist ja nicht so, als ob Terroristen diese Vermietungsmöglichkeit bislang verborgen geblieben wäre…
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