Der erste Teil dieses Blogbeitrags beschäftigte sich mit den Gründen, warum OTAs und insbesondere Booking.com mit Hochdruck daran arbeiten, das für ihren Erfolg mitverantwortliche Agenturmodell (Gast zahlt an das Hotel), gegen das Händlermodell (Gast zahlt an das Buchungsportal) zu ersetzen und warum viele Hotels so bereitwillig das damit im Zusammenhang stehende Online-Payment der Buchungsportale akzeptieren.
Der Wechsel zum Händlermodell scheint unaufhaltsam, umso wichtiger ist es, dass sich die Hotellerie die direkten Auswirkungen dieses Wandels auf die eigene Preis- und Vertriebsstrategie bewusst macht. Die gravierendsten Effekte sind die folgenden:
Mit der Nutzung des Online-Payment wird es für Booking.com und andere OTAs sehr leicht möglich, die Hotelpreise eigenständig zu rabattieren. Schon seit einigen Jahren holen sich fast alle Online-Buchungsportale in ihren AGB von den Hotels die Erlaubnis ein, auf eigene Kosten eine Ermäßigung der vom Hotel angegebenen Zimmerpreise anzubieten, sog. Undercutting.
Booking.com spielt diese Möglichkeit seit Anfang des Jahres 2019 in Deutschland über den sog. „Sponsored Discount” bzw. “Early Payment Benefit” aus. Dabei wird dem Gast eine vergünstigte Rate angeboten, indem Booking.com auf einen Teil seiner Kommission verzichtet. Auch Expedia, Trip.com und andere OTAs nutzen diese Masche, um neue Kunden zu gewinnen, Vertrauen aufzubauen und die direkten Buchungskanäle der Hotellerie in ein schlechtes Licht zu rücken.
Sponsored Discount bei Booking.com
Quelle: Booking.com
Der Verzicht auf einen Teil der Provision trifft die OTAs dabei nicht wirklich, da die Höhe der Provision und die Menge der Buchungen die "Rabattausgaben" bei weitem kompensiert. Zudem haben Booking & Co. in der letzten Zeit verstärkt daran gearbeitet, den Gästen zusätzliche Produkte wie Versicherungen, Mietwagen, Restaurantreservierungen, Flugtickets oder Transfers vom Flughafen zu verkaufen, über deren Verkauf die Kosten für die Discounts ausgeglichen und vermutlich sogar überkompensiert werden.
Wurde das Undercutting vor und während der Pandemie noch recht behutsam eingesetzt, unterbieten die OTAs inzwischen die vom Hotel eingestellten Preise in einem erheblichen Ausmaß und brechen damit ganz unverhohlen die in ihren eigenen Verträgen gewünschte, teils noch geforderte, Ratenparität.
Rechtlich gesehen sind diese Programme leider nicht anzugreifen. Die Reduzierung des Zimmerpreises durch (teilweise) Provisionsweitergabe ist rechtlich zulässig (lediglich Portugal hat mit der Gesetzesverordnung 108/2021, die seit dem 01. Januar 2022 in Kraft getreten ist, ein Verbot des Weiterverkaufs durch Dritte zu einem niedrigeren Preis bei Online-Hotelbuchungsportalen eingeführt). Die kartellrechtlichen Vorgaben kommen manchmal „leider“ auch den marktbeherrschenden Online-Buchungs-Portalen zugute.
Ein Blick auf die Auswertungen von Triptease, einem Softwareanbieter, der Hotels dabei hilft, Direktbuchungen zu steigern und die Abhängigkeit von Online-Buchungsportalen zu verringern, zeigt, dass seit Januar 2022 im weltweiten Durchschnitt 61% aller Hotelpreise, die auf den Metasuchmaschinen (Google Hotel Suche, Tripadvisor, Trivago) angezeigt wurden, von mindestens einem anderen OTA unterboten wurden (in Europa war der Anteil mit 52% etwas geringer). Die Höhe des Undercuttings lag dabei zwischen 1 und 40%, wobei in den meisten Fällen die vom Hotel eingestellte Rate um 5% unterboten wird.
Höhe des Undercuttings in Europa
Quelle: Triptease
Mit dem Undercutting wird nicht nur die Preispolitik und Glaubwürdigkeit der Hotels massiv untergraben, auch geht der Anteil der direkten Buchungen drastisch zurück, wenn die eigenen Preise bzw. die eigene Webseite ständig von OTAs unterboten wird. Zudem führt das Undercutting zu operativen Problemen im Hotel, da das Hotel dem Gast keine korrekte Rechnung ausstellen kann, weil der Gast ja weniger bezahlt, als im Hotel als Buchungsbetrag hinterlegt ist.
Beim Händlermodell nutzen die meisten OTAs virtuelle Kreditkarten (VCC), um die eingenommenen Gelder an die Hotels auszuzahlen. Bei VCC´s handelt es sich um kommerzielle Kreditkarten, die von einem Unternehmen ausgestellt werden und daher bei der Abbuchung keine starke Kundenauthentifizierung erfordern. Zudem bedeutet es, dass die Interbankenentgelte, die Hotels an die ausstellende Bank dieser Kreditkarte zahlen, nicht der Regulierung zu Interbankenentgelten (MIF-Regulierung) unterliegen und somit nicht auf ein Maximum (0,3 % für Privatkunden-Kreditkarten) begrenzt sind. Die Kosten für virtuelle Kreditkarten sind somit meist höher als bei klassischen Verbraucherkreditkarten. Die VCC-Gebühr bei Booking.com liegt z.B. im Durchschnitt zwischen 2,5% - 3%.
Das Tückische an den zusätzlichen VCC-Kosten ist, dass sie oft nicht gleich bemerkt werden, da sie nirgendwo im Extranet von Booking.com aufgeführt sind. Nur die Finazbuchhaltung der Unternehmen wird sie schließlich bemerken, lange nachdem sie entstanden sind.
Viele Hotels nutzten Rabatte, inkludierte Transfers und Upgrades, um ihre direkten Kanäle zu stärken bzw. zu differenzieren. Wenn Booking.com dies in großem Umfang ebenfalls tut, fällt dieser Direktbuchungsvorteil weg.
Wenn Booking.com den Kunden den Reisepreis am Buchungstag berechnet, das Hotel aber erst einen Tag nach dem Check-in (oder später) per virtueller Kreditkarte bezahlt wird, kann Booking.com eine lange Zeit über das Geld verfügen. Dies wirkt sich positiv auf den Cashflow von Booking.com aus, während die Liquidität der Hotels leidet.
Ein Quantum Trost - Was Hotels tun können
Die Experten von mirai haben in einem sehr lesenswerten Blogbeitrag einige Punkte zusammengestellt, die ein Hotel umsetzen kann, um mit dem Händlermodell der OTAs zu konkurrieren.
Der erste Ratschlag ist, nicht mehr an den Payment Programmen der OTAs teilzunehmen. Bislang ist die Teilnahme für Hotels zumindest bei Booking.com noch optional. Es steht aber zu befürchten, dass diese irgendwann verpflichtend wird (wie bei Expedia).
Allerdings ist dabei zu beachten, dass die Deaktivierung des Online-Payment das Ranking bei den Portalen beeinflusst. Auch sollte das Buchungsverhalten der Gäste genau analysiert werden, denn wird ein Großteil der Buchungen über Zahlungsoptionen wie Paypal oder Direktüberweisung via Booking.com abgewickelt, kann sich die Deaktivierung des Online-Payments negativ auf die Performance auswirken.
Wenn also ein vollständiges Abstellen des Online-Payments nicht möglich oder nicht gewollt ist, sollten Hotels unbedingt ihre Direktbuchungsstrategie überprüfen und ggf. anpassen, um mit den Buchungsportalen zumindest annährend auf Augenhöhe zu bleiben. Dabei sollten folgende Punkte beachtet werden:
Quelle: Trivago
Der Direktvertrieb stirbt nie…
Wie man sieht, bedeutet das Verbot bzw. der Wegfall enger und weiter Paritäts-Verpflichtungen in mittlerweile sieben europäischen Ländern nicht automatisch die Preishoheit und das Ende des Preiskampfes. Die Portale entwickeln kontinuierlich neue Modelle, um die Preise (mit) zu bestimmen und um sich noch stärker zwischen Hotel und Gast zu drängen.
Für die Hotellerie gilt es nun mehr denn je, einen Fokus auf den Direktvertrieb zu richten und stets kritisch zu hinterfragen, mit welcher Motivation die Online-Buchungsportal neue Tools und Features für die Hotellerie auf den Markt bringen bzw. welche Auswirkungen diese auf den eigenen Direktvertrieb haben können.
Jeder Hotelier, Gastronom oder Unternehmer in der Tourismusbranche ist weiterhin eingeladen, sich der „Direkt Buchen“–Kampagne von HOTREC, dem Dachverband der Hotels, Restaurants und Cafés in Europa , anzuschließen. Nur bei einer „Direkten Buchung” hat der Gast von Anfang an einen unmittelbaren Kontakt zum Anbieter. Alle Fragen und persönlichen Wünsche können direkt, vertraulich und effizient besprochen und beantwortet werden. Der direkte Kontakt stärkt - wie überall im Leben - das Vertrauen und die Beziehung zwischen Gast und Gastgeber – You only book direct!
September 9 2022 3:57 pm von Karl Kreuzig / BBG-Consulting
Hallo Herr Warnecke,
das lob ich mir. Eine saubere und fundierte Arbeit. Aufklärung statt Klagelieder.
Mit den besten Grüßen, Ihr
Karl Kreuzig
October 7 2023 4:41 pm von
October 7 2023 4:41 pm von
October 7 2023 4:41 pm von
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