Entwurf der EU-Kommission zur Revision der Pauschalreiserichtlinie zieht falsche Lehren aus der Pandemie
Reisewirtschaft und Tourismusbranche haben eine gemeinsame Position zum Entwurf der Europäischen Kommission zur Revision der Pauschalreiserichtlinie vorgelegt, die die marktrelevanten Akteure im Deutschlandtourismus sowie im In- und Outboundtourismus in dieser Frage vereint. Die Verbände asr, DRV, DTV, Forum Anders Reisen, IHA, RDA und VIR vertreten die Auffassung, dass der vorgelegte Gesetzentwurf handwerklich schlecht gemacht ist, Regeln des fairen Wettbewerbs missachtet, falsche Schlussfolgerungen aus der Pandemie zieht und den Reisemarkt in seiner Struktur nachteilig verändern wird, sollte der Vorschlag der Kommission in dieser Form beschlossen werden.
Die Verbände appellieren an die Bundesregierung, die schweren Fehler im Gesetzentwurf in den in Kürze beginnenden Sitzungen der Ratsarbeitsgruppen klar und deutlich anzusprechen, damit der EU-Rat im weiteren Verlauf zu einer sachgerechten Auffassung der europäischen Regierungen gelangt. Die Verbände bitten ferner die Bundestagsabgeordneten, die Positionierung der Bundesregierung in den relevanten Ausschüssen sorgfältig zu beobachten und frühzeitig steuernd einzuwirken, da später in der nationalen Umsetzung aufgrund der vollharmonisierten Richtlinie nur noch wenig Handlungsspielraum bestehen wird.
Die Verbände würden es begrüßen, wenn die EU-Kommission aktiv handwerkliche Fehler beseitigt, zentrale Punkte des Gesetzentwurfs noch einmal unvoreingenommen bewertet und korrigiert. Durch die neu angedachten, zusätzlichen Verbraucherschutzanforderungen würden Pauschalreisen im Preis weiter steigen müssen, was die äußerst preissensiblen Verbraucher aller Erfahrung nach dazu veranlassen wird, von einer Pauschalreisebuchung Abstand zu nehmen und sich stattdessen auf eigenes Risiko selbst eine Reise zusammenzustellen. Ohne jeden Zweifel wird die Pauschalreiserichtlinie sehr große Auswirkungen vor allem auf den deutschen Markt haben: 41 Prozent aller Pauschalreisen, die in der EU gebucht werden, werden in Deutschland verkauft – auch diesen Aspekt müsse die Politik in ihrer Beurteilung einbeziehen.
Deswegen bitten die Verbände die Abgeordneten des in diesem Jahr neu zu wählenden Europäischen Parlaments dafür Sorge zu tragen, dass Marktverhältnisse insbesondere mit Blick auf mittelständische Strukturen berücksichtigt werden. Darüber hinaus halten es die Wirtschaftsverbände für notwendig, dass die angedachten Regeln vorab einem Praxistest unterzogen werden. Dies würde nach Auffassung der Verbände schnell verdeutlichen, dass sich einige der von der EU-Kommission vorgeschlagenen Regelungen als wirkungslos aber kostenintensiv und praxisfremd erweisen werden.
Im Einzelnen sieht die Verbändekoalition Verbesserungsbedarf in folgenden Punkten:
- Die Geschäftsreise gehört nicht in eine Pauschalreiserichtlinie und ist aus der Regelung herauszunehmen.
- Die geplante Einführung der Drei-Stunden-Frist macht den Verkauf verbundener Reiseleistungen im Reisebüro unmöglich und schmälert die Vielfalt des Angebots.
- Die „Click through“-Regelung geht in die richtige Richtung, lässt aber nach wie vor Schlupflöcher offen.
- Die geplante Regulierung der Anzahlungshöhe ist überflüssig und überzogen.
- Die Ausweitung des Kundenrechts, eine Pauschalreise wegen unvermeidbarer außergewöhnlicher Umstände am Wohnsitz oder Abreiseort absagen zu können, bedeutet eine komplette Risikoverlagerung auf den Reiseveranstalter. Das ist nicht sachgemäß und unverhältnismäßig.
- Die Einbeziehung von drei Reisewarnungen – am Wohnsitz, am Abreiseort und im Zielgebiet – ist unklar und nicht sachgerecht. Maßgeblich kann nur eine Reisewarnung sein.
- Mit der strikten Beibehaltung der 14-Tages-Frist zur Rückzahlung von Kundengeldern bei Großschadensereignissen zieht die Kommission die falschen Lehren aus der Pandemie und belastet die Unternehmen unnötig.
- Die Einführung eines zusätzlichen nationalen Krisenfonds, der einseitig von der Industrie getragen werden soll, verteuert die Pauschalreise neuerlich ohne wirklichen Mehrwert für die Kunden.
- Die geplante Einführung einer gesetzlichen Gutscheinlösung auf freiwilliger Basis hilft in globalen Krisen nicht weiter. Eine Lösung brächte allein das Recht obligatorische Gutscheine zur Verfügung zu stellen.
- Reisebüros benötigen keine eigene Insolvenzabsicherung für die Vermittlung bereits insolvenzabgesicherter Pauschalreisen. Der Sinn erschließt sich nicht.
- Die Schaffung eines B2B-Regressanspruches dürfte in der Praxis nicht durchsetzbar sein.
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