Drahtseilakt - Reduzierter Mehrwertsteuersatz

Markus Luthe / 15.02 2008

icon min Lesezeit

icon 0 Kommentare

Zurück

Blog von Markus Luthe zum bayerischen Bergbahn-Coup vom 15. Februar 2008

Nein, die Hotellerie wird über den Bergbahn-Coup von Bundestag und Bundesrat nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Als „Weihnachtshupferl“ der CSU noch kurz vor Jahresende ins Jahressteuergesetz gehievt, können die Winterurlauber in Bayern nun seit Jahresanfang zum reduzierten Mehrwertsteuersatz die verschneiten Pisten rauf- und runterrutschen. Die Begründung? Sicherung der internationalen Konkurrenzfähigkeit und Beseitigung eines Wettbewerbsnachteils gegenüber Österreich und der Schweiz. Richtig und Bravo!

Die Argumente sind stichhaltig und es sei den Wintersportlern und Seilbahnbetreibern auch von Herzen gegönnt. Aber: Sie gelten in gleichem Maße auch für die Hotellerie und werden dennoch seit Jahren von der Politik ignoriert. Wo liegt der Unterschied, die Begründung für die Diskriminierung einer ganzen Branche?

Eine Ursache könnte sein, dass die absoluten Beträge kleiner sind, die der Fiskus als Steuerausfall vorrechnet. Für die Bergbahnen hat er nur 15 Mio. Euro ermittelt, für die Hotellerie aber 800 Mio. Euro. Wir bezweifeln diese Zahlen massiv, da sie statisch, d.h. ohne Berücksichtigung von Preiselastizitäten und indirekten Einkommens- und Steuereffekten, ermittelt wurden. Aber davon einmal abstrahiert, läge einem solchen Argument auch eine sehr unökonomische Betrachtungsweise zugrunde.

Denn wenn schon eine solche Steuermindereinnahme einkalkuliert wird, so muss sie doch ins Verhältnis zur Größe einer Branche, zur Anzahl der Beschäftigungsverhältnisse gesetzt, sprich: relativiert werden. Diese Kennziffern sprächen aber eindeutig für die sofortige Einführung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes in der Hotellerie: Pro Vollzeitbeschäftigtem käme der Fiskus bei den Bergbahnen auf einen Betrag von 13.636 Euro und bei den Hotels auf 3.683 Euro; inklusive der Teilzeitbeschäftigten bei den Bergbahnen auf 6.818 Euro und auf 2.425 Euro bei den Hotels. Zudem dürfte die Wirksamkeit der Maßnahme in Bezug auf Arbeitsplätze in der personalintensiven Hotellerie gleichwohl höher sein.

Die Bundesregierung hat heute ihren 132 Seiten starken Tourismuspolitischen Bericht der 16. Legislaturperiode vorgelegt (Bundestags-Drucksache 16/8000). Darin geht sie in exakt zwei Sätzen auf die Forderung der Hotellerie ein: "Die Tourismuswirtschaft fordert einen reduzierten Mehrwertsteuersatz für das Hotel- und Gaststättengewerbe. Das geltende EU-Recht lässt eine solche Förderung von Restaurantumsätzen nicht zu." Das ist schwach, ganz schwach! Anstatt Gegenargumente zum berechtigten Anliegen der Hotellerie zu liefern, zündet die Bundesregierung mit dem Hinweis auf die Restaurants eine juristische Nebelkerze und flüchtet sich auf vermeintlich sicheres EU-Terrain. Ein allzu ofensichtliches Ablenkungsmanöver: Es liegt allein in der Hand des deutschen Gesetzgebers den Mehrwertsteuersatz der Hotellerie sofort auf 7% zu senken!

Wir tragen das Thema der Politik somit auf neue Rechnung vor, bis sie den Mehrwertsteuersatz auch für die Hotellerie in Deutschland auf Talfahrt schickt! Der Tourismuspolitische Bericht der 17. Legislaturperiode sollte dann nicht mehr nur mit einer aktiven Steuerpolitik zugunsten von Bergbahnen, sondern auch für die Hotellerie aufwarten.


0 Kommentare
Geschrieben von
Markus Luthe
Dipl.-Volkswirt / Hauptgeschäftsführer
Hotelverband Deutschland (IHA)

luthe@hotellerie.de
Sei der erste der kommentiert

Kommentar hinzufügen

×
Name ist erforderlich!
Geben Sie einen gültigen Namen ein
Gültige E-Mail ist erforderlich!
Gib eine gültige E-Mail Adresse ein
Kommentar ist erforderlich!

* Diese Felder sind erforderlich.

Weitere
11.11.2025 von Markus Luthe
Unerhört
© DBT / Julia Nowak/ JUNOPHOTO

Der Tourismusausschuss des Deutschen Bundestags führt am morgigen Mittwoch eine öffentliche Anhörung „Plattformen der Ferienwohnungsökonomie und die Umsetzung der EU-Verordnung zur Kurzzeitvermietung 2024/1028” durch. Auf Vorschlag der Bundestagsfraktionen wurden vier Sachverständige ins Marie-Elisabeth-Lüders-Haus eingeladen. Zwei Wissenschaftler*innen, eine Vertreterin des Deutschen Ferienhausverbandes und eine Unternehmenssprecherin von Airbnb werden den Ausschussmitgliedern für ihre Fragen zur Verfügung stehen. Die vorab eingereichten Stellungnahmen der New Economics Foundation, von Airbnb und Ferienhausverband wurden auf der Website des Tourismusausschusses im Vorfeld hochgeladen. Auch wir haben unaufgefordert eine Stellungnahme für die Hotellerie eingereicht. Da sie jedenfalls bislang noch nicht auf der Internetseite des Bundestages verfügbar gemacht wurde, stellen wir sie hier zum Download barrierefrei zur Verfügung.

25.08.2025 von Markus Luthe
About Short Stay and Short Pay

Aufgrund einer Vereinbarung der europäischen Statistikbehörde Eurostat mit Airbnb, Booking und Expedia (bis Ende 2024 auch Tripadvisor) schließt sich langsam die Informationslücke über Kurzzeitvermietungen von Ferienhäusern, Wohnungen und Zimmer in ansonsten privaten Gebäuden. Diese Daten werden von bestehenden Tourismusregistern nicht erfasst. Für den Zeitraum ab 2021 stehen nun europaweit die Übernachtungsdaten zur Verfügung und sie belegen: Kurzzeitvermietung (Short-Term Rental, STR) über Online-Vermittlungsplattformen boomt.

16.04.2025 von Markus Luthe
Ton ab?

Es ist zugegebenermaßen ein nur mäßig beschallter Nebenschauplatz. Aber weil auch der schnell prohibitiv teuer werden kann, kümmern wir uns im Hotelverband gerade intensiv mit der zukünftigen Vergabe von Frequenzen aus dem sogenannten Ultrahochfrequenz-Band (UHF). Das Thema mag weder für die breite Öffentlichkeit noch für Hospitality Professionals eine Herzensangelegenheit sein, doch es illustriert ganz gut unser Verständnis von Verbandsarbeit für die Branche. Und deshalb schalte ich hier mal „den Ton an“.