Deutschland sucht den Superkünstler
Blog von Markus Luthe zur Künstlersozialversicherung vom 17. Oktober 2008
In der derzeit wohl bekanntesten Werbung steht ein kleiner, unscheinbarer Handyverkäufer vor einer Jury bei „Britain’s got Talent“ und begeistert diese mit seinem Auftritt zu Tränen. Zu den Klängen von Nessun Dorma wird uns gesagt „Das Leben schenkt einzigartige Momente – Schön, dass wir sie mit anderen teilen können.“
Den Claim dieses Spots müssen die Juroren des deutschen Ablegers Deutschland sucht den Superstar nun im wahrsten Sinne des Wortes für bare Münze nehmen. Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen hat entschieden, dass die vierköpfige Jury der Show in der Künstlersozialversicherung abgabepflichtig ist. So sind nicht nur die einzigartigen Momente, sondern auch die einzigartigen Gagen der vier Juroren zu teilen – zumindest mit der KSV. Das alles nur, weil die Jurymitglieder keine „Experten zur Bewertung der Kandidaten“ sind. Vielmehr sei die Jurytätigkeit zur Unterhaltungskunst zu zählen, so das Gericht. Das ist insoweit konsequent, als dass die Auftritte der Klitschko-Brüdern in der Milchschnittewerbung gerichtlich eben auch nicht als künstlerische Leistung angesehen wurden. Wir lernen: Profisportler werden selbst durch ihre Mitwirkung in Werbespots nicht zu Künstlern.
Neben diesen kontroversen Urteilen und der oftmals erstaunlichen Definition des Künstlerbegriffes – auch Rechtsanwälte, Webdesigner oder Texter von Hotelprospekten werden zu den „Kreativen“ gezählt – gibt es nun ein weiteres Argument, ein komplettes Überdenken der Künstlersozialabgabe zu fordern: Ein Bericht des Instituts der Deutschen Wirtschaft über „Bürokratieverursachende Normen“ kommt zu dem Schluss, dass durch die Künstlersozialversicherung der deutschen Wirtschaft jährlich Bürokratiekosten in Höhe von 221,7 Mio. Euro entstehen. Dieser Betrag übersteige die insgesamt gezahlte Künstlersozialabgabe aller Unternehmen an die Künstlersozialkasse, so der Bericht weiter.
Für den einzelnen Hotelier ändert sich nach dieser Rechtsprechung nichts in Bezug auf die Abgabenpflicht an die Künstlersozialkasse. Das mag ein schwacher Trost sein in Zeiten, da diese auch an Hotels herantritt und Auskünfte für die letzten fünf Jahre verlangt. Das Urteil betrifft die Branche also unmittelbar nicht, so lange Bewerbungsgespräche nicht öffentlich im Stile von „Germany’s next Top-Housekeeper“ übertragen werden.
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