Blinder Passagier

Markus Luthe / 30.09 2011

icon min Lesezeit

icon 0 Kommentare

Zurück

Blog von Markus Luthe zur Mehrwertsteuerdebatte vom 30. September 2011

Seit 1984 unterliegt die Beförderung von Personen mit Schiffen in Deutschland dem reduzierten Mehrwertsteuersatz, allerdings stets nur befristet. Verlängert die Bundesregierung die zum 31. Dezember 2011 auslaufende Regelung nicht erneut, erleiden Kreuzfahrten an Rhein, Mosel und Donau im nächsten Jahr einen massiven Wettbewerbsnachteil. Es ist daher richtig und wichtig, dass die Kollegen vom vor finanziellem Schaden für mittelständische Anbieter warnen.

Wie aber die SPD-Bundestagsfraktion zu diesem Thema ihr Fähnchen in den Wind dreht, klingt schon fast wie Seemannsgarn. So veröffentlichte sie gestern eine Pressemitteilung, in der sie sich für den Fortbestand des reduzierten Mehrwertsteuersatzes für die Personenschifffahrt einsetzt. Zitat:

„Sie befinden sich in einem Wettbewerb mit den europäischen Nachbarn - und die haben teils deutlich niedrigere Mehrwertsteuersätze für die Personenschifffahrt. Dies gefährdet die touristische Entwicklung und Arbeitsplätze in Deutschland. So herrscht in Dänemark sogar eine Steuerbefreiung. In Luxemburg, Frankreich, Belgien und den Niederlanden liegt die Mehrwertsteuer für diesen Bereich zwischen drei und sechs Prozent.“

Genau denselben Argumenten mag die SPD bei der Hotel-Mehrwertsteuer allerdings weiterhin keine Bedeutung beimessen und übt sich lieber in allfälliger Diffamierung. Das ist einfach nur unsäglich und ein mehr als windiges Manöver! 

Überhaupt scheint die SPD mit dem Wassertourismus als Erfolgswellengarant zu alter Stärke surfen zu wollen. Jüngst wetterte sie mehr als einäugig gegen eine etwaige Bootsmaut und vermochte doch die Parallelen zur Matratzen-Maut nicht zu (ver)orten. Nun geht „die alte Dame“ also auch auf politische Kreuzfahrt. 

SPD und Kreuzfahrt - da war doch was? Richtig: Erst vor zwei Monaten hat SPD-Schatzmeisterin Barbara Hendricks den Einstieg der Partei ausgerechnet in das Kreuzfahrtgeschäft verkündet.

Ab Mai 2012 wird die in die SPD-Beteiligungsholding DDVG eingebundene Tochter SPD-Reiseservice GmbH das Kreuzfahrtschiff „MS Princess Daphne“ mit einem Drei-Jahres-Vertrag exklusiv für den deutschen Markt anbieten. „Daphne“ – bezeichnenderweise weist selbst die Reederei Hansa-Touristik im Marketing darauf hin, dass der Name „verwandelte Göttin“ bedeutet. Ahoi! 

Die „MS Princess Daphne“ ist laut Eigenwerbung ein „klassischer Liner mit dem besonderen Ambiente“. Das ehemals deutsche Schiff ist aber auch laut internationalem Schiffsregister nach Portugal ausgeflaggt und auf der Insel Madeira registriert, sicherlich der dort höheren Mehrwertsteuer, des dort höheren Spitzensteuersatzes und der dort höheren Sozialstandards wegen... 


0 Kommentare
Geschrieben von
Markus Luthe
Dipl.-Volkswirt / Hauptgeschäftsführer
Hotelverband Deutschland (IHA)

luthe@hotellerie.de
Sei der erste der kommentiert

Kommentar hinzufügen

×
Name ist erforderlich!
Geben Sie einen gültigen Namen ein
Gültige E-Mail ist erforderlich!
Gib eine gültige E-Mail Adresse ein
Kommentar ist erforderlich!

* Diese Felder sind erforderlich.

Weitere
11.11.2025 von Markus Luthe
Unerhört
© DBT / Julia Nowak/ JUNOPHOTO

Der Tourismusausschuss des Deutschen Bundestags führt am morgigen Mittwoch eine öffentliche Anhörung „Plattformen der Ferienwohnungsökonomie und die Umsetzung der EU-Verordnung zur Kurzzeitvermietung 2024/1028” durch. Auf Vorschlag der Bundestagsfraktionen wurden vier Sachverständige ins Marie-Elisabeth-Lüders-Haus eingeladen. Zwei Wissenschaftler*innen, eine Vertreterin des Deutschen Ferienhausverbandes und eine Unternehmenssprecherin von Airbnb werden den Ausschussmitgliedern für ihre Fragen zur Verfügung stehen. Die vorab eingereichten Stellungnahmen der New Economics Foundation, von Airbnb und Ferienhausverband wurden auf der Website des Tourismusausschusses im Vorfeld hochgeladen. Auch wir haben unaufgefordert eine Stellungnahme für die Hotellerie eingereicht. Da sie jedenfalls bislang noch nicht auf der Internetseite des Bundestages verfügbar gemacht wurde, stellen wir sie hier zum Download barrierefrei zur Verfügung.

25.08.2025 von Markus Luthe
About Short Stay and Short Pay

Aufgrund einer Vereinbarung der europäischen Statistikbehörde Eurostat mit Airbnb, Booking und Expedia (bis Ende 2024 auch Tripadvisor) schließt sich langsam die Informationslücke über Kurzzeitvermietungen von Ferienhäusern, Wohnungen und Zimmer in ansonsten privaten Gebäuden. Diese Daten werden von bestehenden Tourismusregistern nicht erfasst. Für den Zeitraum ab 2021 stehen nun europaweit die Übernachtungsdaten zur Verfügung und sie belegen: Kurzzeitvermietung (Short-Term Rental, STR) über Online-Vermittlungsplattformen boomt.

16.04.2025 von Markus Luthe
Ton ab?

Es ist zugegebenermaßen ein nur mäßig beschallter Nebenschauplatz. Aber weil auch der schnell prohibitiv teuer werden kann, kümmern wir uns im Hotelverband gerade intensiv mit der zukünftigen Vergabe von Frequenzen aus dem sogenannten Ultrahochfrequenz-Band (UHF). Das Thema mag weder für die breite Öffentlichkeit noch für Hospitality Professionals eine Herzensangelegenheit sein, doch es illustriert ganz gut unser Verständnis von Verbandsarbeit für die Branche. Und deshalb schalte ich hier mal „den Ton an“.