Basics
Blogpost von Markus Luthe zur Online-Distribution
Was Hoteliers längst wissen, dringt langsam auch ins Bewusstsein einer breiteren Öffentlichkeit: Buchungsportale im Internet sind bei weitem nicht so verbraucherfreundlich, wie sie sich selbst gerne inszenieren. Insbesondere die für den Verbraucher so wichtigen Rankings der Plattformen haben ihre Unschuldsvermutung verloren. Zurecht.
So hat das Bundeskartellamt Mitte Dezember ein Konsultationspapier zu seiner „Sektoruntersuchung Vergleichsportale“ veröffentlicht und sich darin umfassend auch mit sämtlichen Buchungsportalen und Metasearchern im Hotelmarkt auseinandergesetzt. Das Amt kommt zu der vorläufigen Schlussfolgerung, dass typischerweise Transparenzpflichtverstöße, Irreführung oder verdeckte Werbung und somit Lauterkeitsrechtsverstöße vorlägen. Wenn 80 Prozent der Nutzer im Hotelbereich die Voreinstellung des Erstrankings unverändert lassen und 90 Prozent aller Clicks auf Suchergebnisse der ersten Seite entfallen, dann ist die Versuchung zur Manipulation für Portale wohl zu groß. Jedenfalls haben die Ermittlungen der Kartellbehörde aufgedeckt, dass bei vielen Portalen im Hotelbereich die Höhe der Zahlungen in das Ranking einfließen und dem Nutzer keineswegs stets das für ihn beste Suchergebnis, sondern das einnahmenmaximierende für das Portal prominent angezeigt wird.
Auch die Ergebnisse einer aktuell vom Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim (ZEW) veröffentlichten Studie sind ein weiterer Schlag ins Kontor verbliebener OTA-Glaubwürdigkeit. Die Regressionsanalysen belegen, dass Hoteliers systematisch mit schlechteren Rankings abgestraft werden, wenn sie auf der eigenen Website oder bei konkurrierenden Portalen günstigere Zimmerpreise anbieten. So stellen die Wissenschaftler fest, dass zwar jedes vierte Angebot auf der hoteleigenen Webseite günstiger ist als bei einem Hotelbuchungsportal, aber genau just diese Hoteliers durch die Portale abgestraft werden. Eine solche Ranking-Optimierung zum Vorteil der Portale hat somit Auswirkungen, die mit denen von (engen und weiten) Ratenparitätsklauseln vergleichbar sind und folglich den Wettbewerb massiv behindern. Aus meiner Sicht werden hier verbindliche Zusagen der OTAs gegenüber den Kartellbehörden faktisch unterlaufen.
Auf europäischer Ebene ist der Handlungsbedarf längst erkannt: Schon im April 2017 stellte eine von der EU-Kommission koordinierte Untersuchung von 352 Vergleichs- und Reisebuchungsportalen fest, dass auf zwei Dritteln (235) der überprüften Portale die Preisangaben nicht zuverlässig waren. Im April 2018 hat die Kommission sodann auch gleich zwei konkrete Regulierungsvorschläge unterbreitet: Die Platform-to-Business Regulation („P2B-Verordnung“) und den „New Deal for Consumers“. Beide Regulierungsvorschläge legen den Portalbetreibern Transparenz- und Informationspflichten, bspw. zu Rankingkriterien und zur Angebotsdarstellung, auf und befinden sich gegenwärtig in der Phase der Trilog-Verhandlungen zwischen Parlament, Rat und Kommission bzw. auf dem Weg dorthin.
Währenddessen führt Marktführer Booking.com ohne jede (Vor-)Ankündigung und ohne eine Chance zum Opt-out für die Hotels nach einer sechsmonatigen Testphase in Asien wohl ein weiteres Tool auch in Europa ein, das die unternehmerische Preissetzungsfreiheit der Hoteliers weiter unterminiert: Mit Booking.Basic bietet das Portal über dritte Vertriebspartner auch selbst dann immer die günstigste Rate eines Hotels an, wenn diese vom Hotel Booking.com bewusst gar nicht zur Verfügung gestellt wird. Auch dies erscheint mir kartell- und schuldrechtlich fragwürdig. Gelebte Partnerschaft auf Augenhöhe ist das auf jeden Fall nicht.
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