Markus Luthe / 03.01 2018

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Blogpost von Markus Luthe zur "Sharing" Economy

1Airbnb-Werbung auf einem Bus der Berliner Linie M48 am 13.1.017
1Airbnb-Werbung auf einem Bus der Berliner Linie M48 am 13.1.017

Voraussichtlich Anfang Mai wird in Berlin, dem in Deutschland schlechthin, ein novelliertes Gesetz über das Verbot der Wohnraumzweckentfremdung gelten. Und das ist auch gut so. Denn mit dem bestehenden scheint der Berliner Senat rechtlich etwas über das Ziel hinausgeschossen zu sein. Es bestand die Gefahr, dass das seit 2016 praktizierte fast komplette Kurzfrist-Vermietungsverbot vor den angerufenen Gerichten verfassungsrechtlich keinen Bestand haben könnte.

Zukünftig muss sich registrieren lassen, wer seine Wohnung legal an Touristen vermieten will. Eine Bagatellgrenze von 60 Tagen soll dann vor weiterer Bürokratie und Verboten schützen. Das entspricht nicht nur exakt unseren pragmatischen Vorschlägen zum Umgang mit der „Sharing Economy“, es liegt auch auf einer Linie mit dem Vorgehen anderer Metropolen wie Amsterdam oder Paris.

Also wird diesbezüglich alles gut im Neuen Jahr? Dafür müssten die neuen Regeln auch ähnlich konsequent wie in anderen europäischen Großstädten umgesetzt werden…

Das Ringen um eine Neuregelung begleitete Airbnb mit einer „Aufklärungskampagne“, wie sie das politische Berlin im öffentlichen Raum bislang noch nicht gesehen, gehört oder wahrgenommen hatte. Dieses Vorgehen sollte eine Nachbetrachtung wert sein:

Die Budgethöhe der Berlin-Kampagne des sympathischen Start-ups aus dem Silicon Valley ist mir nicht bekannt. Sie dürfte jedenfalls erheblich sein, wie ein Blick auf eine ähnliche Kampagne am Firmensitz in San Francisco zeigt: Dort investierte Airbnb im Herbst 2015 letztlich erfolgreich den sagenhaften Betrag von 8 Millionen US-Dollar in eine geschmacklich grenzwertige Kampagne gegen eine Volksabstimmung („Proposition F“), mit der Privatvermietungen von 90 auf 75 Tage eingedämmt werden sollten. Nur so zum Vergleich: Die CDU bestritt ihren Bundestagswahlkampf 2017 mit einem Etat von 20 Millionen Euro.

Airbnb prägte auf diese Weise im Spätherbst 2017 nicht nur das Bild der Straßen und des öffentlichen Raumes in der deutschen Hauptstadt. Das Unternehmen betrieb auch indirekten „Lobbyismus mit der Crowd“. Airbnb gelang es, seine Kunden für die eigene Lobbyarbeit zu motivieren. Dazu sponsorte es unter anderem sogenannte Homesharing Clubs in Berlin mit Logistik und Know-how, die als „Push-up-Bürgerbewegungen“ versuchten, Einfluss auf die Berliner Politik auszuüben. Dass dies auch als „Astroturfing“ ausgelegt werden könnte, scheint Airbnb nicht gestört zu haben.

Auch via Äther schlug Airbnb zu: Bei zwei Berliner Radiosendern schaltete das Unternehmen Spots gegen „das unklare Gesetz, das vielen Berlinern das Home Sharing erschwere“. Der zuständige Medienrat sieht hierin eine „versuchte Einflussnahme auf die politische Willensbildung“ und mithin politische Werbung, die laut § 7 Abs. 9 Rundfunkstaatsvertrag unzulässig und verboten ist. Der Medienrat stellt klar: „Das im Rundfunkstaatsvertrag geregelte Verbot politischer, weltanschaulicher und religiöser Werbung im Rundfunk soll verhindern, dass einzelne gesellschaftliche Gruppierungen und Kräfte durch den Ankauf von Werbezeiten auf die öffentliche Meinungsbildung einwirken und diese verändern können.“

Recht hat er!

Airbnb-Werbung im S-Bahnhof Alexanderplatz am 20.10.2017

Airbnb-Werbung im S-Bahnhof Alexanderplatz am 20.10.2017


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3Airbnb-Werbung im S-Bahnhof Alexanderplatz am 0.10.017
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4Airbnb-Werbung im S-Bahnhof Alexanderplatz am 0.10.017
4Airbnb-Werbung im S-Bahnhof Alexanderplatz am 0.10.017
Geschrieben von
Markus Luthe
Dipl.-Volkswirt / Hauptgeschäftsführer
Hotelverband Deutschland (IHA)

luthe@hotellerie.de
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