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Blogpost von Otto Lindner zum Verbraucherschutz
Verbraucherschutz ist richtig und wichtig. Aber wenn er zum Selbstzweck wird, ist er bestenfalls nur lästig oder peinlich, höchstwahrscheinlich jedoch auch schädlich.
Es sind uns in den letzten Monaten gleich mehrere Verbraucherschutzauflagen präsentiert worden, die aus meiner Sicht belegen, dass da strukturell etwas aus dem Ruder läuft in Sachen Verbraucherschutz – in Deutschland und in der Europäischen Union:
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Die Verordnung über die Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten (, Nr. 524/2013) verpflichtet alle Hotels, auf ihren Homepages einen Hyperlink zur Streitbeilegungsplattform der Europäischen Kommission zu setzen. Als die Verpflichtung am 9. Januar 2016 in Kraft trat, war die Plattform der Kommission noch eine einzige Baustelle.
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Am 1. Februar 2017 kommen weitere Pflichten aus dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz hinzu, das die Richtlinie über die alternative Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten (ADR-Richtlinie, 2013/11/EU) in deutsches Recht umgesetzt hat. Dann muss jeder Hotelier über seine Verpflichtung bzw. Bereitschaft zur Teilnahme an gesetzlich normierten Schlichtungsverfahren informieren. Die Sinnhaftigkeit solcher Verfahren darf man sicherlich nicht nur aufgrund ihrer einseitigen Kostenverteilung in Zweifel ziehen.
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Bei der Umsetzung der Pauschalreiserichtlinie (2015/2302/EU) in deutsches Recht wollte der Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz auf die ohnehin schon praxisfernen Brüsseler Vorgaben noch draufsatteln. Selbst eine einfache Hotelübernachtung ohne weitere Zusatzleistungen sollte dem Pauschalreiserecht unterworfen werden mit massiven Konsequenzen für die Hotellerie. Aufgrund unserer Intervention wurde dieser Passus noch kurzfristig aus dem Kabinettsentwurf gestrichen. Die erste Lesung zum Gesetzentwurf steht übrigens heute Abend erstmals auf der Tagesordnung des Deutschen Bundestags…
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Auch bei der nationalen Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie II sieht der Referentenentwurf aus dem Hause Maas wieder ein „Gold-plating“ – diesmal der besonderen Art – vor: Ausgerechnet bei American Express und Diners Club soll es ein generelles Verbot der Weiterbelastung auch nur eines Teils der Kartenkosten (Surcharging) an den Kunden geben. Das Premiumsegment des Kreditkartenmarktes mit Disagios für den Händler von rund 2,5% bei Diners Club oder bis zu 4% bei American Express und Jahresgebühren von 140 Euro (Gold) bis 600 Euro (Platin) für den Kunden soll einem besonderen Verbraucherschutz unterworfen und einem zumindest latenten Wettbewerbsdruck entzogen werden.
Angesichts der Fülle der Einschläge darf man wohl konstatieren, dass da etwas grundsätzlich, strukturell schief zu laufen scheint. Der Verbraucherschutz fand 1992 mit dem Vertrag von Maastricht Eingang in das Vertragswerk der Europäischen Union (Art. 12, Art. 169 AEUV) und heute ein vorrangiges Ziel der Gemeinschaft mit Verfassungsrang. Er dominiert und prägt somit die Mehrzahl der europäischen Gesetzesinitiativen.
Besonders kritisch kann es aber aus meiner Sicht werden, wenn der Verbraucherschutz auch noch bei der Umsetzung in nationales Recht einseitig protegiert wird. Und genau das sehe ich durch die gegenwärtige Konstellation befördert, in der der Verbraucherschutz beim Justizministerium angesiedelt ist.
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