Digitalisierung

24.01.2022

EU-Parlament gibt grünes Licht für strengere Regeln für Online-Plattformen

Die Abgeordneten des  Europäischen Parlaments stimmten am 20. Januar 2022 mit großer Mehrheit für den sogenannten Digital Services Act (DSA) und gaben damit grünes Licht für strengere Regeln für Online-Plattformen wie Google, Facebook (Meta), Amazon, Airbnb und Booking.com.

„Alles, was offline verboten ist, muss auch online verboten sein“, sagt die dänische Sozialdemokratin Christel Schaldemose. Sie betreut federführend aufseiten des Europa-Parlaments die Verhandlungen zum Digital Services Act. Dieser ist neben dem Digital Markets Act das wichtigste digitalpolitische Vorhaben der EU. Mit diesen beiden Gesetzespaketen sollen Regeln für die digitale Welt geschaffen werden, eine Art digitales Grundgesetz.

Der Digital Markets Act (DMA) zielt auf die sogenannten Gatekeeper, also besonders große und dominante Plattform-Unternehmen. Dazu gehören Suchmaschinen, Online-Vermittlungsdienste, Betriebssysteme, soziale Netzwerke, Cloud-Dienste oder Videoplattformen. Verbote sollen sie dazu zwingen, bestimmte Praktiken zu unterlassen. Bei Zuwiderhandlungen drohen empfindliche Strafen. Dies soll für mehr Wettbewerb sorgen.

Der Digital Services Act (DSA) wiederum soll die Verbraucher und ihre Grundrechte in der digitalen Welt stärken. Dazu gehören unter anderem Widerspruchsmöglichkeiten, mehr Transparenz bei Algorithmen oder schärfere Regeln, um das Hochladen illegaler Inhalte zu verhindern.

Das Parlament hat mehrere Änderungen an dem Kommissionsvorschlag zum DSA vorgenommen:

  • Plattformen werden verpflichtet, gemeldete illegale Inhalte zu entfernen. In welchen Zeitraum dies zu geschehen hat, wird bislang offen gelassen – wohl auch aus Angst vor sogenannten Upload-Filtern, die von den Tech-Unternehmen eingesetzt werden könnten. Denn wenn der verlangte Zeitraum zu kurz gesetzt wird, könnten dies die Plattformbetreiber dazu veranlassen, Inhalte von Software vorab filtern zu lassen, wodurch auch potenziell nicht zu beanstandende Inhalte entfernt werden könnte.
     
  • Online-Marktplätze sollen dafür Sorge tragen, dass Verbraucher:innen sichere Produkte angeboten bekommen. Dazu sollen Händler auch zurückverfolgt werden können. Die Marktplätze müssen dafür Sorge tragen, dass dies möglich ist.
     
  • Anbieter wie WhatsApp, Signal und Co. dürfen weiterhin die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung einsetzen – die insbesondere Sicherheitsbehörden gerne durch den Einbau von „Hintertüren“ aufweichen würden.
     
  • Sogenannte „Dark Patterns“ sollen verboten werden. Unter diesen „dunklen Mustern“ versteht man die trickreiche Gestaltung von Nutzungsoberflächen, die die Nutzer:innen dazu bringen sollen, bestimmte Handlungen vorzunehmen oder diese eben sein zu lassen. Aussagen wie „Letzte Chance. Wir haben nur noch 1 Zimmer verfügbar “ werden damit enttgültig von den Online-Buchungsportalen verschwinden.Mit dem Verbot soll auch erreicht werden, dass künftig bei Cookie-Bannern die Verweigerung für Nutzer:innen nicht mehr komplizierter ist als die Zustimmung.
     
  • Das Geschäftsmodell mit persönlicher Werbung soll eingeschränkt werden. Geht es nach dem EU-Parlament, soll es künftig verboten sein, profilbasierte Werbung bei Minderjährigen auszuspielen. Ursprünglich war sogar ein Komplettverbot personalisierter Werbung diskutiert worden. Dieser Plan steht aktuell nicht mehr im Raum.
     
  • Es soll transparenter gemacht werden, nach welchen Kriterien die Algorithmen der Plattformen Inhalte ausspielen.
     
  • Sehr große Online-Plattformen sollen im Hinblick auf Algorithmen, die das Ranking bestimmen, mehr Auswahl bieten. Unter den angebotenen Empfehlungssystemen muss mindestens eines sein, das nicht auf Profilerstellung beruht.

Lobbyismus-Schlacht der Tech-Konzerne

Welche Bedeutung die EU und die hier beschlossenen Regeln inzwischen für die Tech-Konzerne haben, wird an ihren Ausgaben für Lobbyarbeit deutlich. Früher waren es die Tabak-, Pharma-, Öl- oder Autoindustrie, die in Brüssel hohe Budgets für Lobbyarbeit ausgaben. Inzwischen wurden sie alle von den Tech-Konzernen überflügelt. Knapp 100 Millionen Euro haben diese zuletzt für Lobbying auf EU-Ebene ausgegeben. Ein großer Teil entfiel dabei auf die große US-Tech-Riesen. Schon während der Verhandlungen um die Datenschutz-Grunderverordnung (DSGVO) war in Brüssel eine Lobby-Schlacht entbrannt, die selbst erfahrene Parlamentarier in diesem Ausmaß noch nicht erlebt hatten. Und auch die nächsten Wochen dürften noch einmal intensiv werden.

Als Hotelverband Deutschland begrüßen wir den Parlamentsentwurf zum DSA außerodentlich und werden uns auch weiterhin, gemeinsam mit unserem europäischen Dachverband HOTREC, auf deutscher und europäischer Ebene dafür einsetzten, dass sowohl der Digital Services Act, wie auch der Digital Market Act nicht durch die Interessen der mächtige Plattform-Unternehmen verwässert wird.

Wann treten DMA und DSA in Kraft?

Die Kommission hat Ende 2020 ihre Vorschläge für den Digital Services Act und den Digital Markets Act präsentiert. Planmäßig sollen die Regelwerke 2023 in Kraft treten. Die überarbeitete Fassung des DMA wurde im Dezember 2021 vom Europa-Parlament verabschiedet. Diese Fassung wird nun mit den EU-Mitgliedsstaaten beraten. Den Ratsvorsitz hat dabei Frankreich. Ein erstes Treffen von Vertretern der Kommission, den Parlaments und Frankreichs fand bereits statt. Es gilt als wahrscheinlich, dass die Verhandlungen noch vor April 2022 abgeschlossen werden könnten.

Auch beim DSA kann man davon ausgehen, dass Frankreich versuchen wird, vor April eine Einigung zwischen Ländern, Parlament und Kommission zu erzielen. Da das Gesetzespaket aber deutlich umfangreicher als der DMA ist, gilt dieser Plan als ambitioniert. Wann die Pläne genau in Kraft treten, hängt auch von der Umsetzungsfrist ab, auf die sich die Parteien noch verständigen müssen. Im Gespräch ist ein Zeitraum von bis zu 18 Monaten.

Da es sich bei beiden Gesetzespaketen um Verordnungen handelt, müssen diese anschließend von den EU-Mitgliedsländern nur noch angewandt und nicht mehr in nationales Recht übertragen werden. Entsprechende parlamentarische Prozesse entfallen daher.

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