Schreiben von Booking.com zur Rabatt-Darstellung an seine Hotelpartner

Booking.com schrieb in der vergangenen Woche europaweit seine Hotelpartner mit dem Hinweis an, dass am 28. Mai 2022 eine neue Gesetzgebung in Kraft tritt, um die Rechte der Verbraucher innerhalb der Europäischen Union (EU) und des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) zu verbessern. Hierbei handelt es sich hier um die Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/2161 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2019 zur zur besseren Durchsetzung und Modernisierung der Verbraucherschutzvorschriften der Union.
Eines der Themen, die in der Richtlinie behandelt werden, ist die Rabattierung. Artikel 6a schreibt eine neue Rabattregelung vor, die sich auf die Darstellung von Rabatten auswirkt. Nach der neuen Rabattregelung muss bei der Ankündigung einer Preissenkung auch der vorherige Preis angegeben werden, d.h. der niedrigste Preis, der während eines Zeitraums von 30 Tagen vor der Preissenkung angeboten wurde.
Das Schreiben von Booking.com hat bei den Hotelpartnern zurecht viele Fragen aufgeworfen, zumal Booking.com den Anschein erweckt, als ob primär die Hoteliers in der Handlungspflicht wären. Konkret heißt es in dem Schreiben:
„Wenn Sie einen Rabatt für eine bestimmte Zimmer-/Preiskombination anbieten, muss der Grundpreis (für genau dieselbe Zimmer-/Preiskombination) der niedrigste in den letzten 30 Tagen angebotene Preis sein. Der Grundpreis ist der Preis, auf den der Rabatt angewandt wird – dieser wird den Kunden auf unserer Plattform als durchgestrichener Preis angezeigt. Ab dem 28. Mai 2022 müssen Sie, wenn Sie Rabatte auf Booking.com anbieten, sicherstellen, dass Sie die oben genannten Kriterien erfüllen.“
In Deutschland wurden die Vorgaben aus Art. 6a der Richtlinie (EU) 2019/2161 in § 11 der Preisangabenverordnung (PAngV) umsetzt. Somit stellt sich hier zunächst die Frage, ob § 11 PAngV tatsächlich auf die Hotellerie Anwendung findet. Zweifel ergeben sich daraus, dass § 11 PAngV nach seinem Wortlaut nur für solche Unternehmen gilt, die gemäß § 3 PAngV zur Angabe von „Grundpreisen“ (d.h. Preisangaben pro Maß/Einheit) verpflichtet sind. Gemäß § 4 Abs. 1 PAngV ist zur Angabe von Grundpreisen verpflichtet, wer als Unternehmer Verbrauchern „Waren in Fertigpackungen, offenen Packungen oder als Verkaufseinheiten ohne Umhüllung nach Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche anbietet oder als Anbieter dieser Waren gegenüber Verbrauchern unter Angabe von Preisen wirbt“. Dies trifft für Beherbergungsdienstleistungen nicht zu. Vielmehr lässt sich § 4 Abs. 3 Nr. 4 PAngV entnehmen, dass die Pflicht zur Angabe des Grundpreises nicht für Dienstleistungen gelten soll. Nach unserem Dafürhalten gilt damit die PAngV in diesem Punkt schon ganz grundsätzlich nicht für die Hotellerie. Unserer Auffassung nach ist dies auch richtlinienkonform, denn auch die Richtlinie(n) regeln ausschließlich die Preistransparenz in Bezug „Erzeugnisse“ und deren Maßeinheiten etc.
Im Übrigen würde eine solche Anwendung der PAngV auf die Hotellerie auch keinen Sinn ergeben bzw. zu erheblichen praktischen Schwierigkeiten führen. Für homogene Massenprodukte mag die diese Vorgabe PAngV zu sinnvollen Ergebnissen führen, für die Hotellerie tut sie dies nicht. Dies hängt insbesondere damit zusammen, dass Übernachtungspreise nachfragegetrieben sind und damit einem quasi täglichen Wandel unterliegen.
Wenn man davon ausgeht, dass § 11 PAngV nicht unmittelbar für die Hotellerie gilt, so bedeutet dies natürlich nicht, dass die Hotels bzw. Booking.com nach Belieben mit (angeblichen) Preisermäßigungen werben dürfen. Es gilt weiterhin und unbeschränkt der § 5 Abs. 1 Nr. 2 UWG, der irreführende Preiswerbung verbietet. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt eine Irreführung bei der Werbung mit Streichpreisen immer dann vor, „wenn der frühere höhere Altpreis nicht, nicht ernsthaft, insbesondere nicht über einen längeren Zeitraum, oder nicht in letzter Zeit verlangt worden war oder wenn überhöhte Preise so angesetzt worden waren, um eine Preissenkung vortäuschen zu können, oder wenn sonst über das Ausmaß der Preissenkung irregeführt wurde.“ (Urteil vom 15. Dezember 1999 – I ZR 159/97). Wichtig ist zudem, dass der Bezugspreis tatsächlich für die identische Leistung gefordert wurde, d.h. insbesondere für dieselbe Zimmerkategorie und denselben Leistungsumfang. Zu beachten ist ferner, dass auch nur die Preissetzung in demselben Vertriebsweg zu berücksichtigen ist. Bei der Angabe von Preisermäßigungen auf Booking.com dürfen also keine Offline-Preise als Referenzwert herangezogen werden (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 11. März 2021 – I-4 U 173/20).
Selbst wenn man einmal die Anwendbarkeit des § 11 PAngV unterstellen würde, so wäre Folgendes zu beachten:
Normadressat des Art. 11 PAngV sind die „Unternehmen“. Eine Unterscheidung zwischen Lieferanten und Händlern enthält die PAngV nicht. Es stellt sich damit tatsächlich zunächst die Frage, wer die Verantwortung dafür trägt, dass die Preisangaben/Preisermäßigungen auf den Hotelbuchungsportalen den Vorgaben der PAngV entsprechen.
Wurde die Preissetzung von Booking.com selbst à la „Sponsored Discounts“ vorgenommen, dann trägt auch allein Booking.com die Verantwortung dafür, dass alles seine Richtigkeit hat!
Wenn das Hotel die Preisermäßigung selbstständig (ohne Mitwirkung von Booking.com) im System hinterlegt hat, so trägt das Hotel eine gewisse Verantwortung. Entscheidend ist letztlich aber, wer die Darstellung der Preisermäßigung (sprich: den Streichpreis) festlegt. Das Hotel kann bei Booking.com zwar über den eigentlichen Rabatt entscheiden, die Darstellung auf der Buchungsplattform unter Verwendung des Streichpreises wird aber von Booking.com vorgegeben, ohne dass das Hotel hierauf unserer Kenntnis nach einen Einfluss hätte. In diesen Fällen kann es nach unserer Auffassung nicht dem Hotel obliegen, die richtige Darstellung zu überwachen und zu gewährleisten, dass es sich bei dem Streichpreis um den günstigsten relevanten Gesamtpreis der vergangenen 30 Tage handelt.
Für die Rabattdarstellung auf den hoteleigenen Webseiten ist zu empfehlen, Preisermäßigungen immer nur in Bezug auf vergangene (und in jeder Hinsicht vergleichbare) Referenzpreise zu ermitteln und darzustellen.